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Dienstag
10.01.2006

Der Verband Schweizer Presse (VSP) fühlt sich von der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) verschaukelt, weil der staatliche Rundfunk entgegen seiner ursprünglichen Haltung nun doch einen News-Channel im Internet eingerichtet hat. VSP-Präsident Hanspeter Lebrument forderte in einem leidenschaftlichen Referat an der Dreikönigstagung in Zürich die SRG auf, ihr anfangs Dezember 2005 gestartetes Portal zu schliessen. Zugleich gab Lebrument in seinem betont kämpferischen Referat bekannt, dass der Verband beim Bakom eine Anzeige gegen die SRG eingereicht habe. Ziel sei es, die Internet-Aktivitäten im Newsbereich der SRG zu unterbinden. Bereits im Dezember habe das Präsidium des Verbandes beschlossen, Bundesrat Moritz Leuenberger in einem Brief zu bitten, die Internet-Tätigkeiten im Fernseh-News-Bereich der SRG zu stoppen. Der Brief werde im Januar abgeschickt. Am 6. Januar hätten alle drei Verlegerverbände - Schweizer Presse, Presse Suisse und Stampa Svizzera - eine Anzeige beim Bakom eingereicht, sagte Lebrument weiter.

Der VSP fühlt sich nach den Worten Lebruments von der SRG verschaukelt. Im Frühjahr 2005 habe die SRG-Spitze im Gespräch mit dem Verband Schweizer Presse versprochen, keinen News-Channel im Internet einzurichten. Das Internet sollte ausschliesslich zur Stärkung ihrer Programme eingesetzt werden. Des Weiteren hatte die SRG versprochen, auf Werbung im Internet zu verzichten.

Ganz anders sieht es da bereits auf den Websites der welschen SRG-Kollegen aus, wie der Klein Report feststellte. Da wird schon ordentlich übers Internet Kasse gemacht, wie Recherchen des Klein Reports ergeben haben. Zahlen möchte man natürlich keine bekannt geben. Wo kein Kläger, kein Richter, denken sich die Romands wahrscheinlich.

Und auch in der Frage des Sponsorings hatte sich die SRG-Spitze nicht festlegen wollen. Diesen Verzicht vom Frühjahr habe der Generaldirektor der SRG vor dem Präsidium Schweizer Presse im Sommer wiederholt: «Seit Anfang Dezember ist alles anders. Der News-Channel ist da. Werbung und Sponsoring sind eingeführt», beklagte sich Lebrument.

Für ihn ist der SF-News-Channel ein Ablenkungsmanöver von einem bedeutenderen Thema, der Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG). Lebrument meint, dass einige Parlamentarier mit der Einführung des News-Channel verhinderten, dass zur gleichen Zeit das RTVG zu Ende beraten werden könnte. Wenn im Frühjahr die Differenzen nicht beigelegt werden könnten, komme es zu einer Einigungskonferenz, und wenn diese scheitere, bleibe das alte Gesetz in Kraft, zeigte Lebrument ein mögliches Szenario auf. Die SRG habe ein Interesse an der Beibehaltung des alten Gesetzes von 1989. Dieses sei zwar von der damaligen SRG bekämpft worden, habe sich aber als Glücksfall für die SRG erwiesen. «Die Monopolstellungen bei den Gebühren und der Erhebung der Zuschauer- und Zuhörerzahlen konnten ausgebaut und zementiert werden», so Lebrument weiter.

Das neue Gesetz sei nicht mehr so feudal. Es werde 10 bis 12 Fernsehstationen insgesamt 30 bis 35 Millionen Franken bringen. Das Gebührenmonopol werde leicht aufgeweicht. Kommt das neue Gesetz, werde einigen Verlegern eine Konzession zugesprochen. Pressehäuser hätten gezeigt, dass sie in der Lage seien, gemeinsame Mantelteile und individuelle Regionalteile zu produzieren. Damit könnte eine etwas bessere Konkurrenz zur SRG entstehen, gab sich Lebrument überzeugt. Weiter sieht er die Presse im Visier der SRG. Seit die Pressehäuser zeigten, dass sie gutes regionales und lokales Fernsehen und Radio machen könnten, werde die Presse als Branche mit ihren Problemen aus den Fernsehprogrammen ausgeblendet. «Die SRG hat geglaubt, es genüge, einige Verlage zu unterstützen und ihnen einen Sendeplatz im Presse-TV einzurichten, um die gesamte Presse von weiteren und ernsthafteren Fernsehplänen abzuhalten», sagte Lebrument.

Lebrument sparte aber auch nicht mit Kritik an den Mitgliedern seiner Branche, die sich bei jeder Gelegenheit beklagten: «Das ist nicht gut für das Geschäft.» Weiter monierte er, dass erfolgreiche Branchen diszipliniert seien. Sie kämpften gemeinsam für gute Rahmenbedingungen und seien harte Konkurrenten im Markt. «Dass auch wir, die Verlagsbranche, um gute Rahmenbedingungen zu kämpfen haben, ist vielen immer noch kaum bewusst.» Die Ursache sieht Lebrument neben den Medien und ihren Redaktionen auch bei den Verlegern selbst. Sie hätten oft zu wenig zur Einheit und damit zur Stärkung der Branche beigetragen. Lebrument sieht in der Disziplinlosigkeit ein wesentliches Element der relativen Erfolglosigkeit der Branche bei der Erarbeitung von Rahmenbedingungen. Sie sei Resultat des Mangels an Diskussionsbereitschaft, Durchsetzungsvermögen, Akzeptanz und Führung.