Alle Jahre wieder findet der mehrtägige Kongress der Schweizer Zeitungsverleger statt, dieses Jahr in St. Moritz. Der Klein Report hat nach Meinungen und Gedanken einiger der 400 Teilnehmer aus der «Top of the Media World» erkundigt: Sehen und gesehen werden, Networking in der moderneen Sprache, das ist wohl das wichtigiste in diesen Tagen in St. Moritz: «In 48 Stunden trifft man hier so viele Leute wie ansonsten nach zahlreichen Telefonaten in 48 Tagen.» Mit diesen Worten umschreibt der Ex-Herausgeber von «Gesundheit-Sprechstunde» und heutige Chefredaktor der Zeitschrift «Zeitlupe», Emil Mahnig, präzise Sinn und Zweck der Veranstaltung in 5-Sterne-Umgebung. «Gute Gespräch, interessante Referate und eben das Networking», ist auch für Filippo Leutenegger, CEO der Jean Frey AG, das Wichtigste des Anlasses - und ähnlich tönt es beim Moderator des Anlasses und dem Leiter Wirtschaftsmedien Ringier, Thomas Trüb, und auch bei René Bortolani, Leiter des Medienforums der Tamedia, der sich freut einmal mehr, viele alte Kollegen getroffen und wichtige Gespräche geführt zu haben.
Für Frank Bodin, Chairman und CEO von Euro RSCG Switzerland, sind die Referate, die mit Ausnahme der persönlichen Statements von Caroline Müller-Möhl als eher fad empfunden wurden, reine Alibi-Übungen. «Niemand wird hier konkrete Rezepte erfahren, wie die Medien und die Wirtschaft aus der Talsohle herausgekommen. Denn: Wen jemand wirklich eine Lösungen kennen würde, würde er sie hier sicher nicht allen erzählen», erklärte der Werber. Trotzdem: Einige gute Ratschläge wie vom «ausländischen Manager» Dieter Stolte, Herausgeber von «Die Welt» und «Berliner Morgenpost», beispielsweise, wurden den Medien- und Wirtschaftleuten trotzdem aufgetischt. Klar, meint hier Bodin: Es sei üblich und einfach ausländische Prominenz einfliegen zu lassen, um den Chefredaktoren die unvermeidbare Botschaft von «Kostenreduktion, Redaktionszusammenlegungen, Fusionen und Entlassungen» näher zu bringen.
Angekommen ist diese Botschaft zum Beispiel bei Bernhard Weissberg, interimistischer Chefredaktor des Sonntagsblicks: «Ich glaube zwar nicht, dass wir jemals die Redaktionen von Blick und Sonntagsblick zusammen legen - gleich dem Beispiel der beiden deutschen Zeitungen. Aber selbstverständlich stelle ich Überlegungen an, wie die Kräfte besser verteilt werden können.» Weissberg ist sich bewusst: Sparen kann man immer und überall. Doch sei es wichtig wo, und auch wichtig, wo nicht: Das Geld müsse am richtigen Ort eingesetzt werden. Und diese Botschaft nehme er von St. Moritz mit nach Zürich. Zumal dem Sonntagsblick, wie auch der Sonntagszeitung, nach dem Launch der NZZ am Sonntag ein schweres Jahr bevorstehe. «Wir haben dafür aber bereits Mittel bereitgestellt», so Weissberg, der im übrigen auf der Suche nach einem Nachfolger für den Borer-gestrauchelten Mathias Nolte ist. Das kann aber noch ein paar Wochen oder Monate dauern.
Inhaltlich Konkretes nimmt auch Silvia Egli von Matt, Direktorin des Medienausbildungszentrum MAZ, mit ins Tal: «Ich werde unseren Studenten noch intensiver nahe legen, dass Qualität und Kreativität mehr denn je gefragt sein werden.» Auch 20-Minuten-Verwaltungsratsmitglied Sacha Wigdorovits hat sich einige Punkte notiert, die er nächste Woche mit seinem Verlagsleiter Rolf Bollmann besprechen will: «Was die persönlichen Referate auch gezeigt haben, ist, dass es keine Corporate Governance gibt. Hier haben die Medien einen massiven Nachholbedarf.»
In St. Moritz trafen sich aber nicht nur Verleger, Werber und Journalisten, sondern auch die Leute, die dafür verantwortlich sind, dass die Zeitungen schliesslich ihre Leser finden. «Für mich ist dieses Treffen ganz wichtig, um das Umfeld der Redaktionen und Herausgeber, ihre Ideen und Probleme kennen zu lernen. So kann ich mithelfen, die Produkte besser zu verkaufen», erklärte Eduard Perret, Bereichsleiter Presse und Logisistik k Kiosk. Auch für seinen Geschäftspartner Walter Lütolf, Leiter des Vertriebswesen von Ringier, steht die Kontaktpflege im Vordergrund. Sein Fazit zum Meeting, das viele teilen werden: «Der Verlegerkongress ist ein Meeting in einem 5-Sterne-Hotel an dem 3 Tage gejammert wird. Ich habe den Eindruck, man sollte mehr über konstruktive Ideen sprechen.» - Mehr dazu: St. Moritz: Den Medien die Kappe gewaschen
Samstag
14.09.2002