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Mittwoch
23.03.2011

Der Presserat hat eine Beschwerde der Aargauer SP-Nationalrätin Doris Stump gegen «Blick» gutgeheissen. Die Zeitung hatte der Politikerin unterstellt, sie sei dafür verantwortlich gewesen, dass die Bundesbehörden anstatt «Vater oder Mutter» angeblich nur noch «Elter» schreiben dürften. Zudem habe sie die Stadt Bern dazu veranlasst, künftig den Begriff «Zebrastreifen» statt «Fussgängerstreifen» zu verwenden - obwohl Doris Stump nie an der konkreten Ausarbeitung des entsprechenden «geschlechtergerechten» Leitfadens auf Stadt- oder Bundesebene mitgearbeitet hatte.

Besonders brisant: Die Vorwürfe des «Blicks» fanden sich nicht nur in einem Artikel, sondern wurden während einer mehrtägigen Berichterstattung im Juni 2010 laufend wiederholt. Während jener Junitage wurde Doris Stump tagelang persönlich angegriffen. So wurde zum Beispiel ein Bild von ihr veröffentlicht mit dem Stempelaufdruck «Amtlich bewilligter Blödsinn».

«Die Vorwürfe kamen aus heiterem Himmel und waren für mich nicht nachvollziehbar», sagte die SP-Nationalrätin am Dienstag gegenüber dem Klein Report. «Erst nach mehreren Mails von aufgebrachten `Blick`-Lesern verstand ich überhaupt, wofür ich verantwortlich gemacht werden sollte», so Stump. Natürlich setze sie sich für geschlechtergerechte Sprache ein, aber sie sei an der Ausarbeitung des besagten Leitfadens nicht beteiligt gewesen. Sie erinnert sich ungern an jene Junitage zurück. «Der Schaden für mich war gross, wurde die Lüge doch auch in Deutschland verbreitet. Aus ganz Europa erhielt ich E-Mails, in denen mir Vorwürfe gemacht wurden und ich beispielsweise als `krankhaft` beschimpft wurde», erklärte Stump dem Klein Report.

Der Presserat hat nun folgermassen geurteilt: «Der Presserat heisst die Beschwerde gut. In Bezug auf den Begriff `Elter` hält der Rat fest, dieser werde zwar im Bundesleitfaden erwähnt, jedoch mit dem Vermerk `selte`n. Der Bund empfehle dabei ausdrücklich, nur gebräuchliche Begriffe zu verwenden. Der zweite Bericht verwende die wahrheitswidrige Überspitzung vom Vortag als Grundlage für den Angriff auf die Beschwerdeführerin», so der Presserat. Zwar sei es «Blick» legitiim, die Bemühungen der Behörden um geschlechtergerechte Sprache als «Sprachirrsinn» zu bewerten und das politische Engagement von Doris Stump für dieses Anliegen scharf zu kritisieren. Unfair sei es hingegen, diese Kritik auf unzutreffende, verzerrte Fakten zu stützen.

«Ich bin froh über das Urteil, das mir in allen Punkten recht gegeben hat», sagte Stump dem Klein Report. Es sei beruhigend zu wissen, dass man in der Schweiz nicht einfach Fakten verdrehen und Lügen verbreiten dürfe. «Ich erwarte jetzt, dass die Vorwürfe im `Blick` richtiggestellt werden», so Stump. Bislang habe sich indes noch niemand von der «Blick»-Redaktion bei ihr gemeldet.