«Seit ich den Tivo habe, habe ich keinen einzigen Werbespot mehr gesehen.» So beschreibt Jason S. auf der Insider-Webseite www.PVRblog.com, was viele seiner Zeitgenossen derzeit erleben, so die «Welt» am Donnerstag. Tivo, so heisst der Vorreiter einer neuen Generation von digitalen Videorecordern (DVR), die TV-Zuschauer erfreut, andere jedoch das Fürchten lehrt. Amerikas Werber werden nervös, und auch in Europa beobachten Sender die Entwicklung mit Sorge. Denn die Geräte, die in Deutschland ebenfalls das Weihnachtsgeschäft beflügeln sollen, können TV-Spots einfach überspringen. Die einzige Einschränkung besteht darin, dass der DVR-Nutzer eine zeitliche Versetzung in Kauf nehmen muss. Wenn ein Film also drei Werbepausen à 10 Minuten beinhaltet, dann kann er sich erst 30 Minuten nach Filmbeginn einschalten, damit er bis zuletzt werbefrei fernsehen kann.
«Wer als Werbetreibender heutzutage noch denkt, es reiche, wenn man immer weiter schön 30-Sekunden-Spots im Fernsehen schaltet, der macht sich was vor», sagt Tim Hanlon, DVR-Spezialist bei der Consultingfirma Starcom Mediavest Group in Chicago. Obwohl die Geräte mit den optimistischen Prognosen der Vergangenheit bisher nicht mithalten konnten, scheint es dennoch nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sich das Wundergerät auf dem Massenmarkt durchsetzen wird. Rund 4,5 Millionen Fernsehhaushalte haben derzeit ein digitales Aufnahmegerät zuhause stehen, 2 Millionen eines der Marke Tivo. Laut Schätzungen des Marktforschungsinstituts Forrester Research sollen es in einem Jahr 11 Millionen sein.
Die Zahlen in Deutschland sind noch bescheiden. 60 000 Geräte will die Branche hierzulande in diesem Jahr absetzen. Wahrscheinlich wird die Prognose übertroffen, sagt die Gesellschaft für Unterhaltungselektronik (gfu), denn schon jetzt wachse der Mark für Festplattenrecorder jährlich um 100%. Ab 550 Euro sind die Geräte in den Elektronikkaufhäusern erhältlich - die meisten mit eingebautem DVD-Brenner, um die Aufnahmen für die Ewigkeit werbefrei zu konservieren.
In den USA wird die neue Technologie vor allem deshalb allmählich zum Mainstreamprodukt, weil sie viele Kabelgesellschaften in ihren Service integriert haben und das Gerät gegen eine Leasinggebühr auf Wunsch mitliefern. Auch der Satellitenbetreiber DirecTV, der zu Rupert Murdochs News Corp. gehört, bietet in Zusammenarbeit mit Tivo einen DVR-Service an. Das Gerät selbst kostet nur noch 99 Dollar, das monatliche Abo 12.95 Dollar.
Donnerstag
04.11.2004