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Montag
12.09.2005

Der ehemalige Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF), Dieter Stolte, hat ein Angebot des Springer-Vorstandsvorsitzenden Matthias Döpfner abgelehnt, einen Sitz im Verwaltungsrat der ProSiebenSat.1 zu übernehmen. In einem am Montag publizierten Gespräch mit der «Stuttgarter Zeitung» übte Stolte ausserdem scharfe Kritik am Niveau der TV-Sender und sagte zu Döpfners Antrag, er könne nicht 40 Jahre lang das öffentlich-rechtliche System verteidigen, und dann «Urwald-Fernsehen gut finden».

«Nennen Sie mich einen humanistischen Spinner, wenn ich es Ekel erregend finde, dass Menschen dafür missbraucht werden, den Voyeurismus anderer zu bedienen», sagte Stolte in dem Interview weiter. Der 70-jährige Medienmanager bezieht sich dabei auf Reality-Shows wie «Big Brother» und «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus» und auf «die Talkshows am Nachmittag im Privatfernsehen». Solche Formate führten zu einer «gesellschaftlichen Verarmung» und «kalten Herzen», kritisierte der ehemalige Herausgeber der Springer-Zeitungen «Die Welt» und «Berliner Morgenpost». Von seiner Kritik wurden auch die öffentlich-rechtlichen Sender nicht verschont. Dort würden bald Controller, Marketing- und Verpackungskünstler das Geschehen bestimmen. Auch bei ARD und ZDF sei die Diskussion um Quoten und Marktanteile inzwischen «viel wichtiger» als die inhaltliche Auseinandersetzung.