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Freitag
07.03.2003

Politik-Puritaner in Appenzell-Innerrhoden schreien auf: Die Tourismus-Förderungs-Organisation «Ostschweiz Tourismus» springe mit der traditionsreichen Landsgemeinde im Zwergkanton am Alpstein wie mit einem x-beliebigen Anlass à la Streetparade oder Fasnacht um. Was da jeweils auf dem Appenzeller Hauptpatz abgehe sei «Demokratie pur», und als Stimmausweis gelte für Männer das «Stimmgewehr». Gemeint seien damit wohl der Landsgemeindeplatz und das Seitengewehr, der Degen, monieren die Korrekten. Auch Appenzellerland Tourismus haut in die Kerbe und lädt jeweils am letzten Aprilwochenende 60 ausgewählte Medienschaffende aus der Schweiz und Süddeutschland zu einem «Mediaweekend» mit «Striichmusigtag» und Landsgemeinde ein. Ziel der Veranstaltung, so Judith Koller von Appenzellerland Tourismus, sei es, den Bekanntheitsgrad des Appenzellerlands mit seinen Traditionen zu steigern und mehr Gäste - nicht nur Tagestouristen - ins Land zu bringen. Denn: «Die Landsgemeinde lässt sich gut verkaufen.»

Damit hat der Innerrhoder Landammann Bruno Koster grosse Mühe: «Wir sind grundsätzlich gegen jede Vermarktung der Landsgemeinde. Das würden wir nie aktiv unterstützen», sagte er. Ungern erinnert er sich an jene Landsgemeinden, die wegen der Abstimmungen über die Einführung des Frauenstimmrechts in den 1980er-Jahren zu Zuschauerrekorden und einer grölenden und pfeifenden Zuschauerkulisse führten. Gar zu diplomatischen Nachspielen war es gekommen, als die Standeskommission (Kantonsregierung) dem erfolglosen demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten von 2000, Al Gore, eine Absage erteilte, als dieser die letztjährige Landsgemeinde besuchen wollte. Und ein Gerangel von Medienschaffenden hatte es gegeben, als Ex-Botschafter Thomas Borer samt Gattin als Gäste geladen waren. «Damals haben wir das Medienecho unterschätzt», sagt Koster. Seither ist die Regierung bei der Auswahl der Gäste sehr zurückhaltend. Gäste, die auf Boulevard-Medien magische Anziehungskraft ausüben, werden tunlichst vermieden. Die Landsgemeinde soll, so Koster, nicht zu einem Vehikel für Prominenz verkommen, sondern eine würdige politische Institution bleiben.