Die deutsche Regierung hat die umstrittene Razzia bei der Zeitschrift «Cicero» verteidigt. Eine Straffreiheit von Journalisten für die Veröffentlichung geheimer Dokumente lehnte sie am Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht ab. Vor dem höchsten deutschen Gericht in Karlsruhe hatte am Mittwoch eine Anhörung zu der Razzia bei «Cicero» begonnen; das Urteil wird aber erst 2007 erwartet.
Justiz-Staatssekretär Lutz Diwell rechtfertigte vor dem Gericht das Vorgehen der Behörden. Medienvertreter machten sich in solchen Fällen wegen Beihilfe zur Verletzung von Dienstgeheimnissen strafbar. Der Anwalt von «Cicero»-Chefredakteur Wolfram Weimer kritisierte dagegen die Durchsuchung der Redaktion durch die Potsdamer Justiz im September 2005 als Verletzung der Pressefreiheit. Der Staat dürfe die Geheimhaltung vertraulicher Dokumente nur bei seinen Bediensteten durchsetzen. Würden Journalisten wegen der Entgegennahme und Veröffentlichung solcher Informationen bestraft, dann hätte es der Staat in der Hand, Informationen dem öffentlichen Diskurs zu entziehen, sagte er.
Auch Verleger- und Journalistenverbände warnten am Mittwoch davor, dass Übergriffe der Justiz den Informantenschutz aushebelten und den Zugang der Presse zu Informationen von öffentlichem Interesse erschwerten. Auslöser der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeaktion waren 2005 Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen eines im April 2005 veröffentlichten Artikels des Journalisten Bruno Schirra. Dieser hatte über den inzwischen getöteten Terroristen Abu Mussab el Sarkawi geschrieben und aus einem Bericht des Bundeskriminalamts zitiert, der als Verschlusssache gekennzeichnet war. Wer den Bericht an die Presse weitergegeben hatte, ist bis heute ungeklärt.
Die Vorwürfe blieben letztlich fast ohne strafrechtliche Folgen für die Journalisten: Im Februar stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Weimer gegen Zahlung von 1000 Euro ein. Auch zu einem weiteren Verfahren gegen Schirra und den Auslandschef der Schweizer Zeitung «Sonntagsblick», Johannes von Dohnanyi, kam es nicht. Im Juli lehnte das Potsdamer Landgericht ein solches ab. Von Dohnanyi war bezichtigt worden, Informationen an Schirra weitergeleitet zu haben.
Mittwoch
22.11.2006