Die Zürcher Tamedia, Herausgeberin des «Tages-Anzeigers» lässt, in der soeben erschienenen November-Ausgabe ihrer Hauszeitung «Doppelpunkt» die Katze aus dem Sack: «Wenn sich die Regionalstrategie des «Tagi» an der «Pfnüselküste» bewährt, stünde dem Übersetzen an die Goldküste eigentlich nichts entgegen», heisst es entlarvend zu einem Bild der Fähre, die zwischen Horgen am linken und Meilen am rechten Seeufer pendelt mit grossem finanziellen Erfolg, übrigens. Ebenso Kasse machen will Tamedia-CEO Martin Kall auch in den Regionen rund um Zürich, indem er deren vergleichsweise schmalbrüstigere Zeitungen entweder aufkaufen oder an die Wand drücken will (so wie er sich die Pendlerzeitung «20 Minuten» mit der Drohung, ein Konkurrenzblatt zu lancieren, gekrallt hat). Am linken Seeufer wolle er lediglich «erste Erfahrungen mit der Regionalisierung» machen und in sieben bis zehn Jahren den wirtschaftlichen Erfolg erzielen, zitiert «Doppelpunkt» den Tamedia-VR-Präsidenten Hans Heinrich Conninx.
Kall gibt in dem Doppelpunkt-Artikel unumwunden zu, die Strategie einer Expansion durch Kooperationen habe «beerdigt werden müssen», wobei er offen lässt, weshalb dies so sei. Im selben Beitrag kündet der Tamedia-Bereichsleiter Zeitungen, Jürg Brauchli, Kampfmassnahmen für den Aufbau der regionalen Anzeigenmärkte an: «Preisdifferenzierungen für regionale Kunden» seien geplant. Brauchli wörtlich: «Wir wollen auch die Todesanzeigen, die amtlichen Mitteilungen, die Baugesuche, die Konkurseröffnungen. Schliesslich sind diese lokalen Anzeigen bester Lesestoff.» Und auch er bekräftigt, dass die Tamedia «nicht auf halben Weg stehen bleiben» dürfe, «wie sich das die Konkurrenz möglicherweise erhoffe; weitere Regionalausgaben müssten folgen.»
Damit ist in erster Linie die «Neue Zürcher Zeitung» angesprochen, die zusammen mit der Vermarkterin Publigroupe und den Regionalzeitungen «Zürcher Unterländer». «Zürcher Oberländer» und «Zürichsee-Zeitung» (ZSZ) als Partner dem Ansturm von der Werdstrasse standhalten will. «Ich kommentiere die Ankündigungen der Tamedia nicht», gab sich NZZ-Regionalleiter Beat Lauber am Mittwoch gegenüber dem Klein Report gelassen, «wir vertrauen auf unsere Strategie, die wir richtig finden.» Nichts zu «laufenden Verhandlungen» wollte er auch zur offenen Frage sagen, ob die ZSZ den kombinierten Drohungen und Verlockungen der Tamedia allenfalls erliegen und aus dem NZZ-Päckli ausscheren könnte. «Wir prüfen alle Optionen gründlichst», hatte ZSZ-VR-Präsident Theodor Gut kürzlich dem Klein Report gesagt und von einem Zeithorizont von mehreren Monaten gesprochen. Mehr dazu: «Tages-Anzeiger» linkes Ufer: Der Chef steht fest, Südostschweiz und Tamedia im PresseKombi 27, «Tages-Anzeiger» lanciert am linken Zürichsee-Ufer eine Regionalausgabe und Die Pläne der NZZ im Bereich der Regionalzeitungen
Mittwoch
17.11.2004