Mit seinem Entscheid, die Vermarktung der 15 grössten Privatradios der Schweiz der Publisuisse, Tochter der öffentlich-rechtlichen Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), zu übergeben, haben die Verantwortlichen des Swiss Radio Pools (SRP) in ein gewaltiges Wespennest gestochen. «Ich reibe mir verwundert die Augen», sagte betont unterkühlt Jürg Bachmann, Präsident des Privatradio-Verbandes, am Dienstag auf Anfrage des Klein Reports. Bisher habe die Branche die privaten Sender im Sinne des Privatunternehmertums entwickeln wollen, und dieser Entscheid schaffe eine neue Ausgangslage, die man erst nach einer gewissen Zeit beurteilen könne.
«Ich würde es sehr begrüssen, wenn die Wettbewerbskommission dem Entscheid nicht zustimmen würde, da die Marktsituation verschlechtert würde», sagte darum Urs Rueb von der Berner Mediaagentur Mediaplus gegenüber dem Klein Report. Die SRG erhalte damit «eine starke Position, welche der Gesetzgeber sicher nicht wollte», ergänzte Günter Heuberger vom Winterthurer Radio Top, der zwanzig Jahre lang im Vorstand des Privatradio-Verbandes gewesen war und ein versierter Kenner der Radiolandschaft ist. «Es erhöht die Glaubwürdigkeit der Verleger sicher nicht, wenn sie beispielsweise im Online-Geschäft gegen die SRG schimpfen und dann die Radiovermarktung an eine SRG-Tochter auslagern», fügte er an.
Urs Rueb sieht aber noch grössere Gefahren am Horizont: Die Marktmacht der SRG würde nach seiner Berechnung von 60 auf 85 bis 90 Prozent anwachsen, und diese «Marktasymmetrie» könnte zu einem Bumerang für die ganze Branche werden: «Wie gross ist das Interesse von Radiotele und IP Multimedia noch, sich mit B-Sendern abzumühen?», stellte er die rhetorische Frage. Sein Fazit: «Ich weiss nicht, ob der Deal der Branche längerfristig dient.» Günter Heuberger räumt selbstkritisch ein: «Wir haben mehrfach probiert eine gemeinsame Vermarktungsfirma analog dem deutschen Vorbild zu schaffen, scheiterten aber immer wieder an den divergierenden Interessen.» - Siehe auch: Publisuisse widerspricht Dumpingpreis-Vorwürfen, Swiss-Radio-Pool-Vermarktung: Radiotele spricht von «Chance» und Publisuisse vermarktet den Swiss Radio Pool
Dienstag
27.02.2007