Mit dem Entscheid der Aegis-Hauptversammlung, die Wunschkandidaten Philippe Germond und Roger Hatuchel von Grossaktionär Vincent Bolloré nicht ins Führungsgremium aufzunehmen, ist das Seilziehen um das letzte weltweit tätige unabhängige Media-Netzwerk noch nicht entschieden. Nach wie vor ist Bolloré der Meinung, es sei eine Frage von Demokratie, dass er Anspruch auf zwei Vertreter im Vorstand habe, da ihm 29,9% des Unternehmens gehören. Er wolle an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens mitwirken, in das er mehr als eine Milliarde Schweizer Franken investiert habe, liess er nach dem negativen Entscheid verlauten.
Aegis argumentiert anderseits, dass Bolloré auch 32,9% von Havas gehören. Die Mediaagenturen beider Konzerne, Aegis Media und Havas Media, stehen sich als Konkurrenten im hart umkämpften Markt gegenüber. Das Aegis-Board sieht daher einen Interessenkonflikt. Bolloré bezeichnet dieses Argument als unpassend: als Omnicom noch Teilhaber von Aegis war, habe auch dieses Unternehmen eigene Vertreter im Aegis-Board gehabt. Omnicom hatte Ende der 90er-Jahre 18 Monate lang Vertreter im Vorstand von Aegis - bevor Aegis Media die heutige Struktur mit Carat, Vizeum, Synovate, Posterscope oder Isobar hatte.
Nach britischem Recht muss Vincent Bolloré zwingend ein Übernahmeangebot für Aegis abgeben, sobald ihm 30% des Unternehmens gehören. Bisher hatte Bolloré geäussert, dass er Aegis nicht übernehmen wolle, sondern eine Zusammenarbeit der Mediaagenturen Aegis Media und Havas Media anstrebe. Diese seien in unterschiedlichen Märkten erfolgreich und würden sich daher gut ergänzen. Ob Vincent Bolloré bei dieser nun fünffach gescheiterten Strategie bleibt oder nun versucht, Aegis zu übernehmen, wollte Group Bolloré am Freitag nicht beantworten.
Seit Jahren halten sich Gerüchte, dass neben Group Bolloré auch die Werbekonzerne WPP und Publicis Interesse an Aegis hätten. Der weltweite Umsatz von Aegis Media wuchs im Jahr 2007 um 14,2% auf 2,2 Milliarden Franken, wovon 1,4 Milliarden Franken auf die beiden Media-Marken Carat und Vizeum entfallen. Die hauseigene Marktforschungsgruppe Synovate setzte im Jahr 2007 880 Millionen Franken um. - Siehe auch: Groupe Bolloré weiterhin ohne Einfluss bei Aegis
Sonntag
25.05.2008