«Der Konsument kann uns nicht sagen, welches Produkt er weshalb will, er wird uns aber sehr deutlich zu verstehen geben, was er nicht will», sagte der deutsche Markenexperte Bernd M. Michael am Dienstag an der Mediavision-Tagung der SRG-Vermarktungsorganisation Publisuisse in Zürich. Der Satz war der Höhepunkt des Anlasses, der unter dem Titel «Die Zukunft von Marken und Medien» stand. Ausserdem am Rednerpult standen Nespresso-Direktor Marc-Alain Dubois, Direktorin Ingrid Deltenre vom deutschsprachigen Schweizer Fernsehen (SF) sowie Kerstin Schoegel und Clemens Koob vom St. Galler Marketingberatungsunternehmen Zehnvier.
Bernd M. Michael, bis 2005 Präsident der Grey Global Group Europe, Middle East & Africa und Präsident der European Association of Communications Agencies (EACA), befasste sich in seinem lebendigen und mit vielen Beispielen gewürzten Referat mit der Frage, wie viel Macht die Kunden im Marketing der Zukunft haben. «Die grössten Erfolge sind die Regelbrüche», betonte er dabei als Erstes. Wer als «geheiligt» geltende Gesetze von Werbung und Marketing verletze, habe gute Chancen zum Erfolg, lautete eine erste Auskunft von ihm. Gleichzeitig machte er auch klar, dass die Zukunft wohl wieder weniger, aber stärkere Marken haben werde: «Es gibt weltweit 50 000 Marken, aber die meisten Leute haben einen Wortschatz von lediglich 3000 Wörtern - das kann ja nicht aufgehen», rechnete er vor. So habe Unilever im Sinn, 75 Prozent seiner Marken abzuschaffen, um die restlichen erst recht pflegen zu können. Die Position des Konsumenten in dieser Situation sei gestärkt, aber er werde den Marketingprofis die Arbeit nicht abnehmen.
Als Vertreter einer erfolgreich im Markt eingeführten Marke erzählte anschliessend Nespresso-Direktor Marc-Alain Dubois, wie er dies geschafft hatte. Es war die bedingungslose Konzentration auf den Kunden, der ernst genommen und gepflegt wurde. In inhaltlicher Befolgung des genannten «Rezeptes» von Bernd M. Michael gab er bekannt, es sei den Callcenter-Angestellten ausdrücklich verboten gewesen, Verkaufsgespräche zu führen, wenn sie Kunden nach der Zufriedenheit zu befragen hatten. Eine Diskrepanz ergab sich allerdings aus den beiden Referaten: Während Bernd M. Michael eine wachsende Marktmacht des Handels zu erkennen glaubt, betonte Marc-Alain Dubois ganz im Gegenteil, den Aufbau einer Marke wie Nespresso hätte man niemals dem Handel überlassen können. Fazit: Es können auch Widersprüche richtig sein.
Der zweite Teil des Anlasses war dann dem Kunden SF und dem Auftragnehmer Zehnvier des Veranstalters Publisuisse gewidmet. SF-Direktorin Ingrid Deltenre (ehemalige Publisuisse-Direktorin) zeigte auf, wie das Schweizer Fernsehen ihre Marke «SF» stärken will, indem sie überall in Kombination mit den einzelnen Sendegefässen eingesetzt werden soll. Inhaltlich setzt sie auf neue Technologien und deren Verlinkung.
Den Abschluss machten dann Kerstin Schoegel und Clemens Koob vom St. Galler Marketingberatungsunternehmen Zehnvier, die nicht ganz unerwartet herausgefunden hatten, dass SF im Vergleich mit den Privatsendern RTL, Pro 7, Sat.1, Vox und 3+ bei den Konsumenten deutlich besser dastehe. Dies habe auch einen entscheidenden Stellenwert für die Werbewirkung. Die aber anschliessend vom Klein Report befragten Media-Profis waren von den Ausführungen gar nicht begeistert - von «wieder einmal eine gekaufte Studie» bis zu «angeschossenem Reh» war viel in diese Richtung zu hören. Ein Grundtenor, der nicht nur als Häme auf einen monopolartigen Betrieb abgetan werden sollte. Denn auch der Media-Profi sagt deutlich, was er nicht will.
Dienstag
08.04.2008