Die Tatsache, dass sich der Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür mit immer mehr Aufgaben konfrontiert sieht, aber zu wenig Personal hat, ist mit ein Grund, weshalb sich das Inkrafttreten des neuen Öffentlichkeitsgesetzes (BGÖ) des Bundes verzögert. Seit Anfang Jahr sollte beim Bund das Öffentlichkeitsprinzip herrschen. Demnach würden amtliche Dokumente nicht mehr als geheim gelten - es sei denn, sie wären so eingestuft. Noch seien aber verschiedene Ämter nicht bereit, das Öffentlichkeitsprinzip umzusetzen, sagt Thür in einem in der «Neuen Luzerner Zeitung» vom Samstag erschienenen Interview.
Die Inkraftsetzung verzögert sich allerdings auch, weil der Datenschutz zu wenig Personal hat. Die in der BGÖ-Botschaft des Bundesrates in Aussicht gestellten 3 bis 3,5 neuen Stellen seien nicht gesprochen, sagt Thür. Daher habe der Datenschutz die nötigen Vorbereitungen nicht zeitgerecht abschliessen können. Konkret ginge es darum, ein Mediationsverfahren zu schaffen. Dieses käme dann ins Spiel, wenn eine Behörde einem Bürger die Einsicht in ein amtliches Dokument verweigern würde. In der Form, die das Gesetz vorsieht, sei ein Verfahren mit dem heutigen Personalbestand von 19,6 Stellen nicht zu bewältigen, sagt Thür.
Auch in anderen Bereichen kämen neue Aufgaben auf den Datenschutz zu, namentlich beim Abkommen von Schengen, sagt Thür. Dieses verlange «einen wesentlich höheren Einsatz des Datenschutzbeauftragten auch in internationalen Gremien». Vorderhand werde vom bestehenden Personalbestand eine halbe Stelle für die BGÖ-Aufgabe abgezweigt, sagt Thür. «Es ist eine wacklige Lösung und man muss mit Verzögerungen rechnen.» Weigert sich eine Amtsstelle, Öffentlichkeit herzustellen, würde an die Stelle einer Mediation im Sinne einer Kompromisssuche ein Rechtsmittelverfahren treten. Wann das BGÖ in Kraft tritt, ist noch offen. Siehe auch: Das Öffentlichkeitsgesetz kommt definitiv und Zürcher Regierungsrat will Öffentlichkeitsprinzip einführen
Sonntag
19.02.2006