Ein allgemeines «Sich-Winden» von Bankensprecher zum Thema Bankgeheimnis-Verletzung findet zurzeit in der Schweiz wegen des Zugriffs des amerikanischen Geheimdienstes CIA auf Bankdaten statt. So legt Alain Bichsel, Sprecher der Bankiervereinigung, laut einem Hintergrundbericht der Nachrichtenagentur SDA grossen Wert auf die Feststellung, dass der CIA seine Informationen von der Bankenschaltstelle SWIFT in Belgien bezogen habe. Betroffen seien nur Daten des internationalen Zahlungsverkehrs und dies, nachdem diese die Schweiz verlassen hätten. Das Schweizer Bankgeheimnis sei somit nicht verletzt worden.
Auch Hans Geiger, Bankenexperte der Universität Zürich, nimmt die Schweizer Banken ein Stück weit in Schutz. Sie hätten sich im Falle des CIA gar nicht wehren können. Er meint aber, sie hätten ihre Kunden warnen sollen: «Eine Bank hat die Pflicht, die Interessen ihrer Kunden zu schützen. Kann sie dies nicht, dann muss sie den Kunden informieren, damit dieser sich selbst schützen kann», zitiert ihn die SDA. «Wenn sich nun herausstellt, dass das Bankgeheimnis eine rein formaljuristische Sache ist, die den Banken, aber nicht unbedingt den Kunden dient, dann ist allein schon dies eine Schwächung des Bankgeheimnisses», sagt Geiger. Immerhin hätten die Banken das Bankkundengeheimnis jahrzehntelang zelebriert. Namentlich kritisert er die Grossbanken UBS und Credit Suisse, die Vertreter im SWIFT-Verwaltungsrat haben. Er verweist auf die Privatbank Wegelin. Deren geschäftsführender Teilhaber Konrad Hummler sagte der «NZZ am Sonntag», Wegelin habe die Kunden 2001 informiert, dass «die Geheimhaltung im internationalen Zahlungsverkehr künftig eine Illusion sein dürfte».
Auftritt der Sprecher von UBS und CS, die umgehend betonen, dass die SWIFT-Verwaltungsräte nicht als Vertreter ihrer Institute dort seien, sondern als Schweizer Ländervertreter. Die beiden hätten keine SWIFT-Internas weitergeben dürfen. Zur Frage, wann die Banken vom CIA-Zugriff wussten, schweigen die Sprecher. Gefragt, ob die Kunden nun informiert würden, hiess es von der CS, dass man nach der Berichterstattung in den Medien dazu keine Veranlassung sehe. Von der UBS hiess es, die Kundeninformation werde regelmässig überprüft.
André Rothenbühler von der Aktion Finanzplatz Schweiz (AFP) kommt deshalb zum Eindruck, «im Falle der USA existiere das Bankgeheimnis kaum mehr.» Er verweist auf einen Vertrag von 2001 zwischen den USA und den Schweizer Finanzinstituten. Seitdem müssen die Banken den US-Behörden Schweizer Wertpapiere von US-Steuerzahlern melden. Vor allem die Grossbanken kuschten vor den USA; sie verdienten dort viel Geld, sagt der AFP-Geschäftsführer. Für die Banken sei das Bankgeheimnis vor allem eines: ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der internationalen Konkurrenz.
Schon Bescheid wissen das Finanzdepartement und die Bankenkommission. Sie waren im Sommer 2002 von der Schweizerischen Nationalbank informiert worden, die zusammen mit anderen Zentralbanken die SWIFT beaufsichtigen. Fazit der SDA: Offenbar wussten fast alle Akteure Bescheid, ausser die Kunden.
Mittwoch
05.07.2006