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Freitag
01.10.2004

Der US-Präsidentschaftskandidat der Demokraten, John Kerry, ist ersten Blitzumfragen zufolge der Sieger des Fernsehduells mit Amtsinhaber George W. Bush. 46% der Befragten fanden, dass Kerry sich bei der mit Spannung erwarteten Debatte in der Nacht auf Freitag besser geschlagen habe als Bush, wie aus einer Gallup-Umfrage für den Nachrichtensender CNN hervorging. 37% gefiel der Präsident besser. Der Umfrage zufolge haben 46% der Befragten nach der ersten Konfrontation der beiden Kontrahenten im Fernsehen eine bessere Meinung von Kerry als vorher; 21% sagten das über Bush.

Einen ähnlichen Tenor hat eine Umfrage für den Fernsehsender CBS, für den 200 noch unentschlossene Wähler befragt wurden. Danach erklärten 44% Kerry zum Sieger des Duells, 26% Bush. Nach einer Befragung für den Sender ABC hatte Kerry für 45% die Oberhand, für 36% war es der amtierende Präsident.

Kerry hatte Bush namentlich «riesiger Fehleinschätzungen» im Irakkrieg beschuldigt. Bush habe das amerikanische Volk mit falschen Angaben in einen Krieg geführt, ohne dann einen realistischen Plan für die Nachkriegszeit zu haben, sagte Kerry in der 90-minütigen Debatte in Miami. Die USA trügen heute 90% der Verluste und 90% der Kosten, so Kerry. Er werde sich verstärkt um breitere Bündnisse im Kampf gegen den internationalen Terrorismus bemühen und den Irakkrieg erfolgreich beenden, so der Senator von Massachusetts. Nur eine solche Politik werde auch die USA sicherer machen. Kerry verteidigte aber auch deutlich das Recht der USA, präventiv und ohne Genehmigung anderer Staaten oder internationaler Organisationen weltweit zu agieren. Bush, der zuweilen sichtlich missmutig und mit zusammengekniffenen Lippen den Ausführungen Kerrys zuhörte, verteidigte vehement den Irakkrieg. Der Welt gehe es heute ohne Saddam Hussein besser, sagte er. Bush beschuldigte Kerry der Wankelmütigkeit, immerhin habe er im Senat auch für den Irakkrieg gestimmt. Die USA brauchten eine klare, verlässliche Führung. Der Irakkrieg sei notwendig gewesen im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus und gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, so der Republikaner. Die US-Truppen würden den Irak erst dann verlassen, wenn die Iraker selbst für die Sicherheit verantwortlich sein könnten und das Land frei und stabil sei. Die USA müssten auch weiterhin im Kampf gegen den Terrorismus eine offensive Politik verfolgen, sagte Bush.

Bush und Kerry sprachen sich gegen die Entsendung von US-Truppen in den Sudan aus. Die Regierung des Sudan müsse durch internationalen Druck dazu gebracht werden, den Völkermord in der Provinz Darfur zu stoppen. Unterschiedliche Auffassungen wurden über die Nordkorea-Politik deutlich: Während sich Bush für eine Fortsetzung der multilateralen Gespräche einsetzte, forderte Kerry direkte Verhandlungen mit der kommunistischen Diktatur. Die drohende Verbreitung von nuklearen Waffen sei die derzeit grösste politische Gefahr in der Welt, sagte Kerry. Terroristen versuchten, waffenfähiges Material in die Hände zu bekommen, das in grossen Mengen in der ehemaligen Sowjetunion vorhanden sei. Der demokratische Senator kritisierte, Bush habe Gelder für die Beseitigung solcher Waffen gestrichen und lasse stattdessen bunkerbrechende Atomwaffen entwickeln.

In den USA verfolgten schätzungsweise rund 50 Millionen Menschen die Direktübertragung. Auch das Schweizer Fernsehen DRS übertrug die Debatte direkt.