Die Aussenministerin Micheline Calmy-Rey kritisierte in einem Interview mit der «Basler Zeitung» vom Samstag Christoph Blochers Verhalten im Abstimmungskampf: Er verletze die Regeln der Kollegialität. Der Justiziminister verteidigt sich mit dem bereits gehörten Argument, er wolle glaubwürdig informieren. Wenn ein Bundesrat anderer Meinung als der Gesamtbundesrat sei, dann sei «das Minimum, das man erwarten kann, dass er nach dem Entscheid schweigt», sagte Calmy-Rey. Ansonsten würden die Regeln der Kollegialität verletzt. Sie wies darauf hin, dass ein Bundesrat für eine Vorlage seines Departements kämpfen solle. Dass ein Bundesrat, wie Blocher dies verlangt habe, auch auf die Nachteile einer Vorlage hinweise, lehnt Calmy-Rey ab: «Das geht natürlich nicht. Dadurch würde der Bundesrat «ein Bild völliger Zerrissenheit und Unentschlossenheit» abgeben.
Wenn die Regierung nach Abwägen von Vor- und Nachteilen einen Entscheid gefällt habe, dann könne sie diesen nicht gleich wieder relativieren. «Relativieren kann ein Parteipolitiker, nicht aber ein Bundesrat», sagte Calmy-Rey. Jeder Bundesrat müsse klar auftreten. Micheline Calmy-Rey betonte, dass sie aktive Kampagnen des Bundesrats befürworte. «Wir müssen die Leute nicht nur mit persönlichen Auftritten informieren, sondern auch mit modernen Medien wie Radio und Fernsehen oder mit Plakaten.» Sie bedauere indes, dass zur Information der Bevölkerung zu wenig Geld zur Verfügung stünde. Dass es sich dabei um «Staatspropaganda» handle, wies Calmy-Rey zurück. «Es geht nicht darum, den Leuten etwas aufzuschwatzen.» Vielmehr solle die Position des Bundesrats wirksam verteidigt und sollen die Leute gut informiert werden.
In einem Interview mit der «SonntagsZeitung» wies Blocher die Kritik Calmy-Reys von sich. Er halte sich an den Beschluss des Bundesrates, wonach eine beschlossene Vorlage von Bundesräten nicht bekämpft werden dürfe und glaubwürdig zu vertreten sei, sagte der Justizminister. Dabei berief sich Blocher auf dieselben Argumente wie in der jüngsten Vergangenheit. Das Kollegialprinzip dürfe nicht zum Alibi dafür werden, dass man sich nicht mehr mit den Problemen einer Vorlage auseinander setze.
Sonntag
29.08.2004