Ein ehemaliger Journalist der «Weltwoche» ist am Freitag vom Bezirksgericht Zürich zu einer Busse von 2000 Franken verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, einen Islam-Experten in einem Artikel mit den Nazis verglichen zu haben. Der Ehrverletzungsprozess ging auf eine Artikelserie im «Blick» zurück. Unter dem Titel «Die Frau im Islam» erschienen vor einem Jahr drei Artikel des deutschen Orientalisten Hans-Peter Raddatz. Geplant waren vier weitere Artikel, die Chefredaktor Werner De Scheeper aber nicht publizierte - mit der Begründung, sie genügten seinen Ansprüchen nicht.
Der damalige «Weltwoche»-Autor nahm diese Geschichte auf. In einer Rubrik machte er sinngemäss geltend, dass der wahre Grund für die Absetzung der Artikelserie auf eine heftige Kontroverse in der «Blick»-Redaktion zurückzuführen gewesen sei. An einer Sitzung hätten die Journalisten die Texte mit Artikeln im einstigen Nazi-Hetzblatt «Der Stürmer» verglichen, schrieb der Angeklagte.
Der Islam-Exprte Raddatz klagte den «Weltwoche»-Autor danach wegen Ehrverletzung, Verleumdung und übler Nachrede ein. Der 1941 geborene Deutsche sah sich als seriöser Islam-Spezialist schwer diffamiert. Man habe Raddatz in der «Weltwoche» letztlich mit einem Nazi verglichen, hielt dessen Rechtsanwalt vor Gericht fest.
Der Journalist soll seine Informationen lediglich vom Hörensagen erfahren und unwahre Tatsachenbehauptungen verbreitet haben, sagte der Klägeranwalt weiter. Vor Gericht berief sich der angeklagte Journalist auf den Quellenschutz. Das Bezirksgericht hat den Journalisten für schuldig befunden. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Der Verurteilte hat bereits vorsorglich Berufung gegen den Entscheid eingelegt. Neben einer Busse von 2000 Franken Busse muss er die Gerichtskosten tragen. Zudem soll er der Gegenpartei eine Prozessentschädigung von 6600 Franken entrichten.
Samstag
10.06.2006