Für die CDU ist es «eine Operation am offenen Herzen der Demokratie», für die Regierung nur ein lauer Kompromiss, bei dem man sich gern «weitergehende Spielräume gewünscht hätte». Nach lebhafter Debatte im fast leeren Bundestag endete nach anderthalb Jahren vorläufig ein umstrittenes Gesetzesvorhaben: die Reform des Pressekartellrechts. Mit den Stimmen von Rot-Grün wurde die Novelle gestern angenommen - aber die Diskussion geht weiter. Die CDU hat angekündigt, das zustimmungspflichtige Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu bringen, wie «Die Welt» am Samstag schreibt.
Umstrittener Kern der neuen Presseregeln ist ein Passus, der Zeitungsverlagen künftig erlauben soll, bei Anzeigen, Druck und Vertrieb auch dann zu kooperieren, wenn dadurch eine marktbeherrschende Stellung erzielt wird. Voraussetzung ist, dass es den betroffenen Blättern schlecht genug geht und sie dadurch gerettet werden könnten. Die Prüfung der Angelegenheit obliegt dem Bundeskartellamt, das einen Missbrauch dieser Ausnahmeregelung auch im Nachhinein noch ahnden kann.
Verlagsjuristen rätseln allerdings, ob die neue Regelung überhaupt grössere Wirkung in der Praxis entfalten kann. Denn der Ermessensspielraum der Kartellwächter bei der Bewertung solcher Kooperationen ist gross, und sie haben in der Vergangenheit die Prüfung eher restriktiv ausgelegt. Entsprechend vorsichtig sind die Kommentare bei den Betroffenen - der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) spricht von einem Schritt in die richtige Richtung. Die Zeitschriftenverleger dagegen fühlen sich übergangen, weil die Erleichterungen für sie nicht gelten sollen. Sie sehen darin eine «Spaltung in eine Presse 1. und 2. Klasse», wie es in einer Stellungnahme des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) heisst.
Weniger strittig sind dagegen die neuen Umsatzgrenzen, die bei Pressefusionen künftig berücksichtigt werden sollen. So wird neu die Bagatellregelung eingeführt, wodurch Verlage bis zu einem Jahresumsatz von 2 Millionen Euro grundsätzlich ohne Kartellverfahren übernommen werden können. Von 25 auf 50 Millionen Euro erhöht werden soll die so genannte Aufgreifschwelle. Nur wenn der Jahresumsatz der fusionierten Verlage über diesem Betrag liegt, prüft das Bundeskartellamt.
Sonntag
13.03.2005