Immer wieder hat der «berühmte» Artikel 293 des Strafgesetzbuches in den letzten Jahren zu Unruhe und Unverständnis unter den Medienschaffenden geführt, weil er «die Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen» unter Strafe stellt, was verschiedentlich seltsame Urteile möglich gemacht hat (CIA-Fax, Fraumünster-Postraub, Jagmetti). Laut Reporter ohne Grenzen widerspricht die Bestimmung dem Artikel 10 der Europäischen Menschenrechts-Konvention.
Trotzdem will der Bundesrat die Bestimmung nicht aufheben, sondern revidieren, wie er am Mittwoch bekannt gab. «Lücken im Geheimnisschutz» sollen vermieden und zugleich der Artikel 293 «besser auf die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte» ausgerichtet werden. Eine Motion zur ersatzlosen Aufhebung von Artikel 293 StGB sei darum abzulehnen», schreibt die Landesregierung in ihrer Mitteilung.
Zwar hatte die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte am 10. Dezember 2007 festgehalten, die gestützt auf Artikel 293 StGB erfolgte Verurteilung von «SonntagsZeitung»-Redaktor Martin Stoll (Fall Jagmetti) zu einer Busse verstosse nicht gegen den Grundsatz der Meinungsfreiheit. Die Urteilserwägungen machten aber deutlich, «dass die bundesgerichtliche Auslegung von Artikel 293 StGB kaum haltbar ist: Die Gerichte müssen den Inhalt der vertraulichen Informationen berücksichtigen und eine Interessensabwägung vornehmen, um festzustellen, ob eine Verurteilung berechtigt ist», schreibt jetzt die Landesregierung. - Mehr dazu: Der Tolggen im Reinheft der Schweizer Pressefreiheit, Busse für «SonntagsZeitung»-Journalisten war rechtens und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte befasst sich mit Fall Jagmetti
Mittwoch
07.05.2008