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Donnerstag
20.10.2016

Medien / Publizistik

«No-Billag»-Initiative: Kein Gegenvorschlag

«No-Billag»-Initiative: Kein Gegenvorschlag

Der Bundesrat will das Parlament von der Ablehnung der «No-Billag»-Initiative überzeugen. In seiner Botschaft vom Mittwoch beschreibt der Bundesrat ausführlich die Vor- und Nachteile der mit 112`191 Unterschriften gültig zustande gekommenen Initiative und setzt sich für einen weiterhin starken Service Public ein.

Bereits am 17. August befasste sich der Bundesrat mit der Initiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» und lehnte diese ab. In der 37-seitigen Botschaft führt der Bundesrat nun, zwei Monate später, die Auswirkungen der Initiative bei einer möglichen Annahme auf Demokratie, Gesellschaft, Volkswirtschaft und Bund detailliert aus.

«Die Medien- und Angebotsvielfalt in Radio und Fernsehen würde reduziert. Tangiert würde damit auch der Qualitätsjournalismus», so der Bundesrat. Mit der Streichung der Billag-Gebühren würden 1,35 Milliarden Franken an Kaufkraft frei, welche wiederum in die Wirtschaft investiert werden könnten. Zudem würden die bislang in Kauf genommenen Wettbewerbsverzerrungen beseitigt. Doch den Vorteilen stehen gemäss Bundesrat gewichtigere Nachteile gegenüber.

Insbesondere die italienischsprachige und die rätoromanische Schweiz hätten demnach unter den Folgen einer Annahme der Initiative zu leiden. «Nur dank des SRG-internen Finanzausgleichs können heute in allen Amtssprachen gleichwertige Radio- und Fernsehprogramme produziert werden», so die Botschaft. Während «allenfalls» in der Deutschschweiz und «eventuell» in der französischsprachigen Schweiz das wirtschaftliche Potenzial für ein werbefinanziertes Vollprogramm vorhanden wäre, wäre dies in der italienischsprachigen und rätoromanischen Region nach Ansicht des Bundesrates nicht der Fall.

Die Abschaffung des Service Public bedeutete deshalb nicht nur, dass die «Existenz zahlreicher Veranstalter in Frage gestellt wird», sondern würde auch zu einer Abnahme von Medienvielfalt und Qualität führen. Denn nach rein wirtschaftlichen Prinzipien würden vorwiegend Unterhaltungsprogramme produziert, während Informations-, Kultur- und Bildungsangebote zu grossen Teilen eingestellt würden, da sie wirtschaftlich unattraktiv seien, behauptet der Bundesrat.

Im TV-Bereich sei es allgemein fraglich, ob ein konkurrenzfähiges, schweizerisches Angebot überhaupt möglich sei. «Im kleinräumigen Schweizer Markt stehen die Fixkosten kleineren Erträgen gegenüber», so der Bundesrat. Daher wäre es schwierig, die Programme der grösseren Nachbarländer mit grösseren Werbemärkten zu konkurrenzieren. Deshalb befürchtet der Bundesrat bei einer Annahme der Initiative, dass Werbegelder nicht etwa unter den Schweizer Produzenten neu verteilt, sondern «vermehrt ins Ausland» abwandern würden.

Nicht zuletzt würde eine Annahme der «No-Billag»-Initiative auch eine Einschränkung des Bundesrates selber bedeuten: Ohne den mit den Billag-Gebühren verbundenen Service-Public-Auftrag an die SRG fehlte ihm ein medienpolitisches Gestaltungsinstrument. Seine Kompetenz wäre im medialen Bereich faktisch auf eine Rahmen-Gesetzgebung beschränkt.

Nach Abwägung der möglichen Auswirkungen empfiehlt der Bundesrat dem Parlament, weiterhin ohne Gegenvorschlag, die Initiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» abzulehnen.