Das Schweizer Bundesgericht hat ein «Maulkorb-Urteil» des St. Galler Kantonsgerichts aufgehoben, das der Präsidentin der Schweizerischen Patientenorganisation (SPO) verbieten wollte, Informationen über einen Streitfall an die Medien zu geben. SPO-Präsidentin Margrit Kessler hatte 2001 ein ihr zugespieltes Operationsprogramm des St. Galler Chirurgie-Chefarzts Jochen Lange der Redaktion von «10 vor 10» des Schweizer Fernsehens (SF) und einem freien Journalisten zukommen lassen. Demnach soll Lange 1999 an einem Tag in vier Operationssälen 14 Eingriffe an Privatpatienten durchgeführt haben.
Die SPO-Präsidentin hatte an diesem Programm ihre Zweifel. Sie informierte zuerst das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen und dann den Verein Leitender Spitalärzte der Schweiz (VLSS). Daran störte sich das Kantonsgericht nicht. Einzig mit dem Gang an die Medien habe Kessler Langes Persönlichkeit verletzt. Das Bundesgericht ist anderer Ansicht. Es weist die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht St. Gallen zurück. Das Kantonsgericht hatte Margrit Kessler unter Strafdrohung verboten, sich über den Operationsplan und ihre Zweifel darüber weiter öffentlich zu äussern, weshalb vom «Maulkorb-Urteil» die Rede war. Der Prozess ist Teil eines seit Jahren dauernden Rechtsstreits zwischen der SPO-Präsidentin und dem Chefarzt. Lange wurde von allen Vorwürfen freigesprochen, die Strafverfahren gegen ihn wurden eingestellt. Beim Kantonsgericht St. Gallen hängig ist aber ein Berufungs-Strafprozess gegen Margrit Kessler. Mehr dazu: SPO-Präsidentin will «Maulkorb»-Urteil nicht annehmen
Montag
25.09.2006