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Freitag
19.05.2006

Wieder einmal hat das Bundesgericht die alte Journalistenerfahrung bestätigt, dass es immer wieder für eine Überraschung gut ist. Am Freitag hat die höchstrichterliche Instanz der Schweiz bekannt gegeben, dass sie ein Urteil der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) wegen ungenügend entwickeltem Humorempfinden aufgehoben hat. Die UBI hatte der SF1-Sendung «Kassensturz» vorgeworfen, in einem humoristischen Beitrag über ein Spinnenfanggerät die journalistischen Sorgfaltspflichten verletzt zu haben. Damit habe die UBI ihrerseits den Zweck der Programmaufsicht verkannt: Diese diene nicht in erster Linie der Durchsetzung kommerzieller Interessen, mahnen die Lausanner Richter.

Die Konsumentensendung hatte vor einem Jahr in der Rubrik «Patent angemeldet» ihren fiktiven «Dipl. Ing. Paul Ochsner» das Gerät «SpiderCatcher vorstellen und mit dem Prädikat «untauglich» abqualifizieren lassen. Dies habe beim Publikum den Eindruck erweckt, das Gerät tauge nichts. Der Kassensturz habe es unterlassen, über die Relevanz seiner Bewertung aufzuklären. Die Importeurin des Geräts erhob dagegen mit Erfolg Beschwerde an die UBI.

Das Bundesgericht hat die Beschwerde vom Schweizer Fernsehen SF nun gutgeheissen. Laut den Lausanner Richtern hat die UBI der humoristischen Komponente der Rubrik «Paul Ochsner» zu wenig Rechnung getragen. Ihr Urteil erweise sich als zu streng und verfalle in eine unzulässige Fachaufsicht. «Paul Ochsner» führe seit Jahren skurrile Produkte in Form eines «Test»-Sketchs vor, so etwa ein Schnarch-Zapfen oder ein Augen-Massagegerät. Dem Zuschauer sei dabei durchaus bewusst, dass er über das fragliche Produkt nicht fundiert informiert werde und die Glosse keinen ernsthaften Anspruch auf Sachgerechtigkeit erhebe.