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Freitag
19.01.2007

Das TV-Konsumentenmagazin «Kassensturz» hat mit seinem Beitrag «Nutzlose Schulmedizin: Kassen zahlen Millionen für nichts» die Programmbestimmungen nicht verletzt. Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Schweizer Fernsehens (SF) gutgeheissen und damit dem von der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) gefällten Entscheid widersprochen. Der Leiter des Berner UBI-Sekretariats, Pierre Rieder, erklärte am Freitag gegenüber dem Klein Report: «Wir akzeptieren diesen Entscheid des Bundesgerichts und nehmen davon Kenntnis. Das UBI hat bekanntlich mit 5 zu 4 Stimmen einen sehr knappen Entscheid gefällt. Den umstrittenen, die Pharmabranche betreffenden Punkt haben die Lausanner Richter weniger streng gewichtet als die Mehrheit der UBI: Das kommt zuweilen vor.»

In der Sendung «Kassensturz» vom 7. Juni 2005 wurde ein Beitrag über die Wirksamkeit von Leistungen der Schulmedizin ausgestrahlt. Hintergrund bildete der Entscheid des Bundesrates, Leistungen der Komplementärmedizin künftig nicht mehr durch die obligatorische Grundversicherung zu übernehmen. Im Beitrag wurde dieser Entscheid kritisiert und eine Überprüfung mehrerer schulmedizinischer Leistungen gefordert. Gegen die Verantwortlichen der Sendung erhob der Generalsekretär der Interpharma, des Verbands der forschendenen Pharmafirmen, Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI).

Er bemängelte, dass die Pharmabranche zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen nicht habe Stellung nehmen können. Stattdessen sei nur ein Ausschnitt aus einem alten Interview mit ihm zur Problematik von Scheininnovationen gezeigt worden, das der «Kassensturz» vor 16 Monaten bereits in anderem Zusammenhang gesendet habe. Die UBI hiess die Beschwerde 2005 gut und stellte eine Verletzung der Programmbestimmungen fest. Das Publikum habe sich keine eigene Meinung zur Haltung der Pharmabranche und von Interpharma bilden können. Zudem verletze die Ausstrahlung einer fast 16 Monate alten Aussage die journalistische Sorgfaltspflicht.

Das Bundesgericht war nun anderer Meinung und hat die Beschwerde des SF gutgeheissen. Laut dem Urteil sind die Standpunkte der Beteiligten zum Thema Scheininnovationen ersichtlich geworden. Die Pharmabranche komme genau in jenem Punkt zu Wort, wo sie angesprochen werde. Das Publikum habe sich insofern ein eigenes Bild machen können. Die Wiederverwendung des alten Interviewausschnitts sei zwar nicht ganz unbedenklich. Indessen sei das Publikum weder über dessen Aktualitätsgehalt getäuscht, noch in seiner Meinungsbildung manipuliert worden. Für eine erneute Stellungnahme von Interpharma zur gleichen Frage habe keine zwingende Notwendigkeit bestanden, hält das Bundesgericht im Urteil fest.