Unter dem Titel «E-Demokratie und E-Partizipation» präsentierte die Bundeskanzlei letzte Woche einen Bericht zum Thema neue Medien und Demokratie. «Darin versuchen wir zu zeigen, was sich im Spannungsfeld Internet und Gesellschaft verändert und wie sich das auf die politische Partizipation auswirkt», erklärte Matthias Brüllmann, Leiter Sektion Web Bundeskanzlei, gegenüber dem Klein Report.
Die Bundeskanzlei habe festgestellt, dass die Gesellschaft das Internet und die Web-2.0-Anwendungen für die politische Partizipation bereits rege nutze. Hingegen scheint es den Behörden schwerer zu fallen, die neuen Möglichkeiten für die direkte Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern einzusetzen.
Im Bericht äussert sich die Bundeskanzlei zuhanden des Bundesrates auch zu den Auswirkungen des Internets auf die politischen Rechte wie Referenden und Initativen. Für die Einführung des E-Collecting brauchte es mehrere Gesetzesänderungen, über die allenfalls auch das Volk abstimmen würde, so die Bundeskanzlei. «Für die Bundeskanzlei hat das Vote élelctronique, die flächendeckende Einführung der elektronischen Stimmabgabe bei Abstimmungen, Priorität», sagte Brüllmann. E-Collecting sei später vorgesehen.
Zur Nutzung der Medien heisst es im Bericht: «Für die Meinungsbildung vor Abstimmungen sind Artikel in der Presse, die Abstimmungserläuterungen des Bundesrates (das sogenannte Bundesbüchlein) sowie Fernsehsendungen und - mit etwas Abstand das Radio - die wichtigsten Informationsquellen.»
Beiträge im Internet hätten aber in den letzten zehn Jahren ständig zugelegt. Somit werde die Internetnutzung in Abstimmungskämpfen zu einem relevanten Faktor. Allerdings ist die Qualität der Medien laut Bericht längst nicht über alle Zweifel erhaben. Im Parlament sei in den letzten Jahren mehrfach die Sorge geäussert worden, ob die Medien ihre für die Demokratie wichtige Aufgabe auch tatsachlich noch wahrnehmen können.
Fazit: Der Bundesrat will, dass die politischen Partizipationsmöglichkeiten Schritt halten mit sich ändernden Lebensgewohnheiten der Bürgerinnen und Bürger. Mit entsprechenden Strategien will der Bund deshalb die wichtigsten Geschäftsprozesse des Staates in absehbarer Zeit alle auch elektronisch abwickeln können. Noch nicht verfügbar ist hingegen die elektronische Durchführung und Auswertung von Vernehmlassungen und Anhörungen. E-Government und E-Demokratie als Instrument zur Modernisierung der Verwaltung und Senkung der Verfahrenskosten - dieses Verständnis allein greife jedoch zu kurz, kommt der Bericht zum Schluss. Jedenfalls verbinden sich mit der Ausbreitung des Internets die Hoffnungen auf mehr Transparenz, Umverteilung der Macht von den Institutionen in die Netzwerke, eine intensivere Partizipation der Bürgerinnen und Bürger und eine Stärkung der demokratischen Institutionen und Prozesse.
«Die vermehrte Durchführung von partizipativen Prozessen durch Behörden zur Lösung von politischen Aufgaben ist eine Erweiterung des in der Schweiz bestehenden Systems der demokratischen Mitwirkung», heisst es abschliessend. Ob die Behörden diese Entwicklung vorantreiben wollen und sollen, sei jedoch politisch zu entscheiden, bevor die rechtlichen und technischen Voraussetzungen dafür geschaffen würden.