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Montag
08.11.2021

Medien / Publizistik

Eine weisse Fassade garantiert noch keine weisse Weste für das neue Zürcher Kunsthaus...          (Bild: Stadt Zürich)

Eine weisse Fassade garantiert noch keine weisse Weste für das neue Zürcher Kunsthaus... (Bild: Stadt Zürich)

Die ersten Touristen schwärmen bereits vom neuen Zürcher Kunsthaus. Die Stadt darf sich über eine bauliche Attraktion freuen.

Doch hinter den Kulissen mit den weissen Mauern klebt eingetrocknetes Blut. Das jedenfalls ist die Überzeugung einer ebenso angesehenen wie illustren Gruppe von Historikerinnen und Historikern.

Diesen wurde während ihrer Arbeit in der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg (UEK), der sogenannten Bergier-Kommission, der Zugang zu den Akten der Sammlung verwehrt, wie die Gruppe am Sonntag in einem Schreiben öffentlich gemacht hat.

Dies sei im Gegensatz zum Bundesbeschluss vom 13.12.1996 (vgl. insbesondere Art. 5: Pflicht zur Gewährung der Akteneinsicht) gestanden. «Diese Entscheidung des Parlaments hat uns den Zugang zu Archiven von Banken, Versicherungen, Industrie und Pharmaunternehmen und anderen Einrichtungen ermöglicht.»

Im Zuge dieser Untersuchungen sollen aber die Familie Bührle und die Verantwortlichen der Stiftung Bührle behauptet haben, «dass keine Akten mehr vorhanden seien, die der UEK zur Verfügung gestellt werden könnten».

Inzwischen wisse man, das dem anders ist. Der inhaltlich fundierte Bericht des Lehrstuhls Leimgruber biete nun eine Übersicht über die Entwicklung des Rüstungsunternehmens, der Waffenexporte und der Kunstsammlung Emil Bührle im historischen Kontext und liefere damit «eine Grundlage für weitere Forschungen», schreiben die damals ausgeschlossenen Koryphäen.

«Als Historikerinnen und Historiker sind wir verpflichtet, Verantwortung zu übernehmen. Die aktuelle Präsentation der Sammlung Bührle im neuen Zürcher Kunsthaus wirft grundlegende Fragen auf» und sei ein Affront gegenüber potenziellen Opfern von Raubgut. Die Gruppe stellt deshalb drei Forderungen:

1.) «Wir fordern von der Stadt und dem Kanton Zürich eine Weiterführung der historischen Forschung im Zusammenhang mit der Sammlung Bührle sowie eine Evaluation der durch die Stiftung geleisteten Provenienzforschung durch eine unabhängige und neutrale Expertenkommission.»

2.) «Wir fordern vom Kunsthaus Zürich, dass der Dokumentationsraum zur Sammlung Bührle von unabhängigen Expertinnen und Experten auf der Basis des aktuellen Forschungsstandes und die Sammlung sowie die Geschichte der ehemaligen Besitzer und Besitzerinnen eingehend kontextualisiert werden.»

3.) «Wir fordern vom Bund die Einsetzung eines unabhängigen Gremiums, das zwischen Anspruchsberechtigten sowie Sammlerinnen und Sammlern, Museen oder anderen bewahrenden Institutionen eine gerechte und faire Lösung für alle Beteiligten im Sinne des Washingtoner Abkommens vom 3.12.1998 sowie der Theresienstädter Erklärung vom 30.6.2009 vermittelt.»

Unterzeichnet sind die Forderungen von den ehemaligen Mitgliedern der UEK Prof. Dr. Saul Friedländer, Prof. Dr. Harold James, Dr. Helen B. Junz, Prof. Dr. Georg Kreis, Prof. Dr. Jacques Picard, Prof. Dr. Jakob Tanner, Prof. Dr. Dr. h. c. Daniel Thürer, LL.M., Myrtha Welti (Generalsekretärin) sowie von über zwanzig ehemaligen Mitarbeitenden.