In Bolivien werden kritische Medien durch Anzeigeboykotte oder Steuerprüfungen schikaniert. Wichtige Medien wechseln undurchsichtig ihre Besitzer und es kommt zu Gewalt und Drohungen gegen Journalisten. Das kritisiert Reporter ohne Grenzen (ROG) anlässlich des Deutschlandbesuchs von Boliviens Präsident Evo Morales am Mittwoch.
Der staatliche Fernsehsender Bolivia TV verkomme laut Kritikern zunehmend zum Sprachrohr des Präsidenten. Zudem haben die Besitzer verschiedener Sender gewechselt und befinden sich nun in regierungsfreundlicher Hand.
Boliviens Vizepräsident Garcia Linera drohte etwa «politisierten» Medien im August mit dem Abzug staatlicher Werbeaufträge. Dies ermöglicht ihm ein Dekret aus dem Jahr 2009, das die Behörden zur freihändigen Vergabe ihrer Werbeetats ermächtigt.
Während die Staatsführung jede Einflussnahme auf Eigentümerwechsel bestreitet, brüstet sich Präsident Morales gleichzeitig über das zunehmende Verstummen regierungskritischer Medien: Bei seiner Wahl 2005 seien es noch 80 bis 90 Prozent gewesen, mittlerweile aber nur noch 10 bis 20 Prozent.
In den vergangenen Monaten kam es zudem zu einer Welle von Kündigungen und Rücktritten bekannter, regierungskritischer Journalisten, so der Journalistenverband. Teilweise werde den Sendern mit finanziellen Sanktionen gedroht, wie Radiomoderatorin Amalia Pando anlässlich ihrer Kündigung sagte.
«Bolivien engt schleichend, aber sehr wirksam die Spielräume für unabhängigen Journalismus immer weiter ein», erklärt Reporter ohne Grenzen. In Fällen von Drohungen und Gewalt gegen Journalisten wird zudem nur schleppend ermittelt, wenn überhaupt.
Zwei Reporter, die über eine mutmassliche Vergewaltigung durch sieben Polizisten sowie Bordell-Besuche von Polizisten im Dienst berichteten, fanden in ihrem Briefkasten blutverschmierte Briefe mit einer Patronenhülse.