Eine bei einem schriftlichen Interview nachträglich stipulierte Bedingung, wonach ein Interview nur ohne jede Veränderung gedruckt werden dürfe, bindet eine Redaktion nicht vollständig, sondern berechtigt sie zumindest, den Text redaktionell zu bereinigen. Ausgehend vom Prinzip der Fairness sollte dem Interviewten die zur Drucklegung vorgesehene Fassung nach Änderungen noch einmal vorgelegt werden. Auf diese Grundsätze weist der Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme hin.
Im Februar 2004 führte «Cash» ein schriftliches Interview mit Tito Tettamanti. Dieser fügte seinen Antworten ein vollständiges Veränderungsverbot an. In der veröffentlichten Fassung liess «Cash» von 12 Antworten 3 weg; 2 weitere hatte Tettamanti selbst in einer Antwort zusammengefasst. Tettamanti gelangte daraufhin an den Presserat und rügte, die Zeitung habe mit der Kürzung des Interviews seine Hauptaussagen zum Teil entstellt. «Cash» wies die Beschwerde als unbegründet zurück.
Für den Presserat muss es auch bei schriftlich abgegebenen Interviews möglich sein, diese zu kürzen und zu bearbeiten, soweit dadurch die Hauptaussagen nicht entstellt werden. Im konkreten Fall habe es Tettamanti bei der Vereinbarung des Interviews eigentlich klar sein müssen, dass mit redaktionellen Korrekturen zu rechnen gewesen war. Ein Teil der Antworten Tettamantis sei sprachlich nicht druckreif formuliert gewesen, weshalb es geradezu unfair gewesen wäre, ihn unverändert abzudrucken. Hingegen wäre «Cash» verpflichtet gewesen, Tettamanti den Text vor der Drucklegung noch einmal zu unterbreiten oder ihn zumindest auf die notwendige Überarbeitung hinzuweisen. Insgesamt seien aber alle einigermassen wichtigen Aussagen des Beschwerdeführers abgedruckt worden, weshalb die Redaktion mit den Kürzungen als solchen nicht gegen die Berufsethik verstossen habe.
Dienstag
10.08.2004