Eine «20 Minuten Online»-Bildzusammenstellung mit dem Titel «Karriere-Killer. Männer zwischen Macht, Gewalt und Sex», welche die Köpfe von Dominique Strauss-Kahn, Jörg Kachelmann, Julian Assange und Herman Cain zeigte, hat Kachelmanns Ruf ebenso wenig beschädigt wie die dazugehörige Bildlegende. Zu diesem Schluss ist der Presserat gekommen.
Die am 5. November 2011 auf «20 Minuten Online» veröffentlichte Bildlegende lautete: «Der Republikaner Herman Cain ist auf dem Weg ins Weisse Haus über Sex-Vorwürfe gestolpert. Er ist nicht der Erste. Die Kombination Sex, Gewalt und Macht scheint sich zu häufen.» Daraufhin beschwerte sich eine in der Mitteilung des Presserats nicht namentlich genannte Person über «die Bildzusammenstellung inkl. Untertitelung mit Herrn Kachelmann und drei anderen weltweit prominenten (...) Männern, denen Sexualdelikte vorgeworfen werden.
Die Bildgestaltung und die zugehörige Untertitelung suggeriere der Leserschaft, Jörg Kachelmann stehe mit dem Terminus «Männer zwischen Macht, Gewalt und Sex» in Zusammenhang und sei ein Sexualstraftäter «wie die anderen drei abgebildeten mutmasslichen Sexualstraftäter. Eklatant und wider besseres Wissen wird hier Herr Kachelmann rufschädigend mit anderen mutmasslichen und weltbekannten Sexualstraftätern abgebildet, obschon Herr Kachelmann rechtsgültig freigesprochen wurde und unschuldig ist.»
Der Presserat teilte diese Auffassung nicht, wie er am Dienstag bekannt gab: «Sämtliche Rügen des Beschwerdeführers beruhen auf der von ihm aufgestellten These, `20 Minuten` vermittle mit seiner Bildauswahl, den Titeln und dem zugehörigen Text den wahrheitswidrigen Eindruck, Jörg Kachelmann sei - trotz rechtskräftigem Freispruch - ein Sexualstraftäter», so der Presserat. Nach Auffassung des Presserats ist diese These offensichtlich unhaltbar und die Beschwerde damit gegenstandslos. Den vier von «20 Minuten» abgebildeten Prominenten sei gemeinsam, dass sie wegen Sex-Vorwürfen in der Öffentlichkeit standen oder stehen. Gemäss Kenntnisstand des Schweizer Presserats sei jedoch (bisher) keiner der vier in diesem Zusammenhang strafrechtlich verurteilt worden. Ebenso wenig werde dies im beanstandeten Bericht behauptet.
«Vielmehr thematisiert er den - keineswegs neuen und auch im Fall von Jörg Kachelmann unbestrittenen - Zusammenhang, wonach sich Sex-Vorwürfe ungeachtet ihres Wahrheitsgehalts für Prominente immer wieder als Stolperstein entpuppen», erläuterte der Presserat. Diesen Zusammenhang dürfe «20 Minuten Online» bei Jörg Kachelmann auch nach dem im Mai 2011 rechtskräftig gewordenen Freispruch weiterhin thematisieren.