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Sonntag
03.04.2005

Die Polit-Sendung «Porta a Porta» mit Bruno Vespa ist in Italien sehr populär. Und wenn Ministerpräsident Silvio Berlusconi zu Gast ist, dann ist das stets etwas ganz Besonders. Auch für den konservativen Moderator. So wie am letzten Donnerstagabend. Der Regierungschef war wieder einmal gekommen, um sich mediengerecht in Szene zu setzen und die Sympathien der Zuschauer zu gewinnen. Schliesslich stehen Regionalwahlen an, und die sind ein wichtiger Test für die Parlamentswahlen im nächsten Jahr.

Während die mehrstündige Aufzeichnung gesendet wurde, vermeldeten die Nachrichtenagenturen plötzlich, dass es dem Papst wieder schlechter gehe. Das kam der Senderleitung alles andere als gelegen. Soll man den Ministerpräsidenten jetzt einfach unterbrechen? Ihm ins Wort fallen? Man entschied sich, die Show weiterlaufen zu lassen. Wahrscheinlich auch, weil man andernfalls den eigenen Chef aus dem Programm gekippt hätte. Das Staatsfernsehen Rai wird ja von der Berlusconi-Regierung kontrolliert.

Der eher linke Sender Rai Tre hatte sich hingegen für eine Unterbrechung entschieden. Doch gerade als man über den jüngsten Stand der Dinge aus dem Vatikan berichten wollte, schaltete sich die laut Spiegel online die Rai-Leitung ein – und verpasste dem Kanal einen Maulkorb. Die Nachrichtenredaktoren verstanden die Welt nicht mehr: «Wir sind entrüstet und schockiert, was am Donnerstag passierte, als die ersten Nachrichten über den verschlechterten Gesundheitszustand des Papstes eintrafen. Die Senderleitung zwang uns, eine Live-Sendung abzubrechen, um das geplante Programm weiterlaufen zu lassen.»

Alle anderen Sender dieser Welt hätten die neuesten Nachrichten über den Heiligen Vater bringen dürfen. Nur sie von Rai Tre nicht, weil sonst der Schwesternkanal Rai Uno darunter gelitten hätte. Allerdings durften die privaten italienischen TV-Sender auch nicht darüber berichten. Die meisten gehören nämlich zu Mediaset, dem Medienimperium von Silvio Berslusconi.