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Mittwoch
07.01.2009

Der «Beobachter» durfte den ehemaligen Finanzchef der Krankenkasse KBV, dem diverse Delikte vorgeworfen werden, bei vollem Namen nennen. Dies hielt der in solchen Fragen normalerweise sehr zurückhaltende Schweizer Presserat in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme fest. Im Artikel «KBV - Über erfundene Kunden gestolpert» schrieb der «Beobachter» im Mai 2008 über die Machenschaften der Chefs der Krankenkasse KBV, die im Jahr 2004 mit einem Schaden von 94 Millionen Franken zusammengebrochen war. Vier Kaderleute der Krankenkasse wurden wegen diverser Vermögensdelike angeklagt. Diese vier Personen wurden vom «Beobachter» mit Vor- und Nachnamen genannt, was der ehemalige Finanzchef mit einer Beschwerde beim Presserat kritisierte.

Zwar sei der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Beschwerdeführers durch die mehrfache Namensnennung spürbar und schmerzhaft, räumt der Presserat ein. Trotzdem sei die Berichterstattung zu rechtfertigen gewesen, da im Herbst 2008 die gerichtliche Beurteilung bevorgestanden sei. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer auch heute im Bereich der Sozialversicherungen arbeite. Auch sei längst öffentlich bekannt gewesen, welche Funktionen die angeschuldigten Kadermitarbeiter der Kasse innehatten.

Der Presserat hält fest, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Delikte in direktem Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit stehen und wegen des grossen entstandenen Schadens schwer schwiegen. Zumindest im Bereich der obligatorischen Grundversicherung nähmen die Krankenkassen eine delegierte öffentliche Aufgabe wahr. Sie seien in Bezug auf die Namensnennung deshalb ähnlich wie Staatsangestellte und in Monopolberufen Tätige zu behandeln. Ebenso sei die frühere berufliche Stellung des Beschwerdeführers als Finanzchef einer Krankenkasse mit über hunderttausend Versicherten mit einer leitenden Funktion in einer gesellschaftlich bedeutenden privatwirtschaftlichen Unternehmung vergleichbar. - Die Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/24520.htm