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Dienstag
30.05.2006

Gegen den Einfluss der Politik auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen ORF in Österreich sammeln namhafte Persönlichkeiten auf breiter Basis Unterschriften. Mit einem Komitee, das sich Plattform SOS-ORF nennt, wollen sie die ORF-Führung daran erinnern, dass nur die Erfüllung des so genannten Versorgungsauftrages auch die Gebühren rechtfertige. Hinter der Plattform SOS-ORF stehen bekannte Namen wie die beiden Journalisten Armin Wolf und Barbara van Melle, der Künstler André Heller, die Schriftstellerin Elfriede Jelinek oder der ehemalige Bundesminister für Finanzen, Ferdinand Lacina, wie der Homepage http://www.sos-orf.at zu entnehmen ist.

Die Politik möge sich aus dem ORF zurückziehen, heisst es in der Forderung. Innerhalb der ersten Woche des Bestehens der Plattform wurden bereits 25 000 Unterschriften gesammelt. Erwartet werden weit über 100 000 Unterstützungserklärungen. Durch diese Unterschriftensammlung wurde eine breite öffentliche Diskussion über den Qualitätsverlust der Sendungen ins Leben gerufen, wie der «Tages-Anzeiger» in seiner Ausgabe vom Dienstag schreibt.

Lanciert hat diese Debatte TV-Moderator Armin Wolf, der von «einem Schrecken ohne Gleichgewicht» im ORF redet. Die Regierungspartei wolle mit allen Mitteln ihre Leute an die Schaltstellen hieven. In den Redaktionen selber herrsche ein Klima der Einschüchterung, wie der «Tages-Anzeiger» weiter schreibt. Dieses Klima wird von der ORF-Generaldirektorin, deren Chefredaktor und dem obersten Betriebsrat mitgeprägt. Alle drei stehen der ÖVP nahe.

Beim Publikum kommt der Kurs der ORF-Führung ebenfalls nicht gut an, berichtet der Österreich-Korrespondent des «Tages-Anzeigers». Seit fünf Jahren verlieren die Informationssendungen ständig an Quote. Besonders ausgeprägt ist der Zuschauerschwund bei der Hauptnachrichtensendung «Zeit im Bild» um 19.30 Uhr.

Der kommende Herbst könnte ein heisser Wahlherbst werden. Einerseits stehen die Wahl einer neuen Führung für Radio und Fernsehen an, andererseits wird das Parlament neu gewählt. Bislang galt es als sicher, dass die ORF-Generaldirektorin im Amt bestätigt wird oder eine Person mit gleicher politischer Ausrichtung ihre Aufgabe übernehmen wird. Doch der Machtanspruch der ÖVP auf sämtliche Institutionen der Republik wird zunehmend ein Wahlkampfthema für die Parlamentswahlen.