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Samstag
02.09.2006

Am Beispiel der beiden Cousins Urs Leuthard («Arena» des Schweizer Fernsehens) und Bundesrätin Doris Leuthard befasst sich die Zeitschrift «Journalisten.ch» in ihrer soeben erschienenen Augustausgabe mit der Frage, wann Medienschaffende als befangen zu gelten und demnach in den Ausstand zu treten haben. Das Fazit vorweg: Alle vom «offiziellen Organ» der Journalisten-Organisation Impressum befragten Gewährlsleute kommen zum Schluss, der «Arena»-Moderator dürfe seine Cousine weiterhin interviewen, da das Verwandtschaftsverhältnis bekannt sei. So hatte Urs Leuthard selbst am 14. Juni, dem Tag ihrer Wahl in die Landesregierung, zu Beginn der Sendung «Galerie des Alpes» folgende Worte vor laufender Kamera gesagt: «Liebe Doris, als Dein Cousin gratuliere ich Dir und freue mich sehr darüber, dass ich mit einer Bundesrätin verwandt bin.»

Damit ist für den Publizisten und früheren Leiter des Medieninstituts, Karl Lüönd, für Presseratspräsident Peter Studer und für Medienprofessor Roger Blum (Universität Bern) der Pflicht zur Offenlegung von möglichen Interessenkonflikten Genüge getan. Keiner von ihnen verlangt in dem Beitrag, Leuthard müsse in den Ausstand treten, da man sich eine Cousine nicht auswählen könne. Ein Verwandtschaftsverhältnis sei anders zu beurteilen als eine Freundschaft oder gar eine Liebesbeziehung. Und Ueli Haldimann, Chefredaktor des Schweizer Fernsehens, wird mit folgenden Worten zitiert: «Es wäre falsch, Urs Leuthard mit einer Entfernung aus seiner Aufgabe dafür zu bestrafen, dass seine Cousine Karriere macht.»

Dass man dies auch anders sehen kann, deutet «Journalisten.ch» mit der Wiedergabe der einschlägigen Bestimmung aus den Redaktionsstatuts der «New York Times» und der «Washington Post» an: Darin sind die Medienschaffenden «aufgefordert, ihre Vorgesetzten darüber zu informieren, falls mögliche Interessenkonflikte durch private, berufliche oder politische Aktivitäten ihrer Verwandten oder Bekannten entstehen könnten. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, dürfen Redaktoren keine Newsinhalte recherchieren oder weiterverarbeiten, welche Personen betreffen, zu denen sie eine persönliche Beziehung pflegen. Die Chefredaktion entscheidet, ob ein Journalist in den Ausstand treten muss». - Mehr dazu: SF-Chefredaktor Ueli Haldimann zum Thema Leuthard & Leuthard