Die Universität Zürich verdächtigt eine Forschungsgruppe der Universität Oxford, Ergebnisse des Zürcher Anatomieprofessors Hans-Peter Lipp in einer BBC-Dokumentation als eigene Leistungen darzustellen. «Animal Camera» heisst eine laufende englische TV-Produktion, in der innovative Kameratechniken verwendet werden, die einen völlig neuen Blick auf die Tierwelt ermöglichen. Vorgesehen ist auch ein Beitrag, der sich mit dem Orientierungsvermögen von Tauben befasst. Gemäss der BBC-Dokumentation hat ein Forschungsteam der Universität Oxford herausgefunden, dass sich Tauben auch an menschlichen Verkehrswegen wie Strassen und Bahnlinien orientieren. Ermöglicht hat diese Entdeckung ein Mikro-GPS-System, mit dem Bewegungen von Vögeln genau aufgezeichnet werden können.
Dieses Mikro-GPS-System habe jedoch ein Team des Zürcher Anatomieprofessors Hans-Peter Lipp zusammen mit der ETH Zürich entwickelt, hiess es in einem am Donnerstag veröffentlichten Artikel im Online-Magazin der Universität Zürich. Lipps Team habe eine Forschungsgruppe der Universität Oxford in die neue Technologie eingeführt und diese zu den Befunden über das Orientierungsverhalten von Tauben orientiert. Gemäss der Universität Zürich besteht nun Grund zur Annahme, «dass die Forschungsgruppe an der Universität Oxford die Ergebnisse von Professor Lipp übernommen hat, ohne dies entsprechend ausgewiesen zu haben». Lipp hat deshalb bei der BBC interveniert.
Die Universität Zürich schreibt weiter von einem «möglichen wissenschaftlichen Fehlverhalten», dessen Hintergründe aufgeklärt werden sollen. Sie unterstützt Lipp in seinen Bemühungen, wie Uni-Generalsekretär Kurt Reimann erklärte. «Wenn es sich bewahrheitet, dass jemand die Meriten von Professor Lipp und seinem Team ungerechtfertigterweise für sich beansprucht», erwartet die Universität Zürich, dass die Universität Oxford mit Disziplinarmassnahmen gegen die eigenen Forscher reagiert. Sich in diesem Fall zu wehren liegt laut Reimann nicht nur im Interesse von Professor Lipp oder der Universität Zürich, sondern der Wissenschaft überhaupt. «Fehlverhalten untergräbt die Wissenschaft als solche.» Auf rechtliche Schritte verzichtet die Universität Zürich indes.
Donnerstag
12.02.2004