Das Investigativ-Magazin «Panorama» der britischen Rundfunkanstalt BBC hat in einem Undercover-Recherchebericht erschreckende Zustände in türkischen Kleiderfabriken festgestellt: Syrische Flüchtlingskinder arbeiten illegal für britische Warenhausketten wie beispielsweise für Marks and Spencer. Auch erwachsene Flüchtlinge werden gesetzeswidrig beschäftigt.
«Die Flüchtlinge verdienen oft nur wenig mehr als ein Pfund die Stunde – weit unter dem türkischen Mindestlohn», berichtet die Sendung. Zu den Arbeitsbedingungen sagt ein syrischer Flüchtling gegenüber dem «Panorama»-Reporter Darragh MacIntyre: «Wenn einem Syrer etwas passiert, werfen sie ihn weg wie ein Stück Kleidung.» Die syrischen Flüchtlinge sprechen von «kläglichen Löhnen» und «schrecklichen Arbeitsbedingungen», sie wüssten, dass sie ausgebeutet werden, aber sie wüssten auch, dass sie nichts dagegen tun können, so MacIntyre.
Der jüngste Arbeiter, den der irische Berichterstatter angetroffen hat, war 15 Jahre alt und arbeitete mehr als 12 Stunden im Tag – er bügelte Kleider, bevor sie nach Grossbritannien eingeschifft wurden.
Ein Sprecher der Warenhauskette Marks and Spencer teilte mit, dass das Unternehmen die Ergebnisse als «sehr ernst» und «inakzeptabel» für M&S einstufe. Er sagte gegenüber der britischen Rundfunkanstalt: «Ethischer Handel ist für Marks and Spencer von grundlegender Bedeutung. Alle unsere Lieferanten sind vertraglich verpflichtet, unsere Global Sourcing Prinzipien einzuhalten, die unsere Erwartungen und Anforderungen an sie und ihre Behandlung der Arbeitnehmer abdecken.» Abschliessend hält er fest, dass die Firma solche Verstösse gegen diese Gesetze nicht toleriere. Man würde alles tun, um sicherzustellen, dass dies nicht wieder geschehe.
Menschenrechtlerin Danielle McMullan vom Business & Human Rights Resource Center zeigt sich mit diesem Versprechen nicht zufrieden. Gegenüber der BBC sagte sie: «Es genügt nicht, zu sagen: 'Wir wussten von nichts, das ist nicht unsere Schuld'», und fordert deshalb weiter: «Die Warenhausketten haben die Verantwortung, zu überwachen und zu verstehen, wo und unter welchen Bedingungen ihre Kleidung hergestellt wird.»
Der Sender BBC hält auf der Website zum Sendebeitrag fest, dass viele Kleider heute in der Türkei hergestellt würden, weil das Land nahe bei Europa liegt und somit ideal für Last-Minute-Bestellungen sei. Und weiter: Es sei eine immer grössere Herausforderung, mit Firmen in der Türkei Geschäfte zu machen. Die Besorgnis über Ausbeutung der Arbeiter nach der Ankunft von fast drei Millionen syrischer Flüchtlinge steige, denn die meisten von ihnen haben keine Arbeitserlaubnis, und viele arbeiten illegal in der Bekleidungsindustrie.