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Dienstag
31.08.2004

Die Schweizer Privatradioszene ist in einer vertrackten Situation: Der Markt könnte ein ausgebautes Netz finanzieren, doch das kostet eine Stange Geld, und die Strukturen zur Mittelbeschaffung (Vermarktungs-Pools) sowie die Sendernetze und Frequenzen sind dazu alles andere als ideal. Zu diesem niederschmetternden Ergebnis kommt eine vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) bei der deutschen GoldMedia GmbH in Berlin in Auftrag gegebene Studie, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Als wichtiges Hindernis auf dem Weg zu neuen UKW-Programmen im Schweizer Radiomarkt erkennt die Studie die heutigen Vermarktungsstrukturen. «Die diversen Pools sind derart verzettelt, dass man nicht gezielt eine bestimmte Zielgruppe ansprechen kann», begründete René Wehrlin von der Abteilung Radio und Fernsehen im Bakom am Dienstag diese Aussage gegenüber dem Klein Report. So ist es beispielsweise nicht möglich, in der Stadt Zürich über einen Pool auf alle Lokalsender zu gelangen. Nur mit einer Optimierung der Vermarktungsstrukturen ist laut den Gutachtern eine Ausweitung des Radiowerbemarktes möglich.

Die GoldMedia hat auf der Suche nach Ausbaumöglichkeiten der Radioszene auch nach freien Sendefrequenzen geforscht. Die Studie kommt zum Schluss, dass es nicht genügen würde, die Frequenzen neu zu verteilen, sondern dass ein Umbau der Sendernetze nötig wäre. «Man müsste alle Frequenzen gründlich neu ordnen und auch einige neue Sender aufstellen» sagte dazu Bakom-Sprecher Wehrlin. Was davon zu halten ist, sagt er messerscharf: «Das wäre derart sündhaft teuer, dass wir es noch gar nicht richtig durchgerechnet haben.» Kommt dazu, dass die Radioempfänger in den letzten Jahren qualitativ eher schlechter geworden sind, sodass näher zusammen liegende Senderplätze sich gegenseitig stören würden, wie eine zweite Studie der holländischen Frequenzplanungsbehörde Nozema zeigt.

Das ist vor allem deshalb schade, weil die Verfasser der GoldMedia-Studie durchhaus Chancen für mindestens einen zusätzlichen agglomerationsübergreifenden Radiosender in den deutsch- und französischsprachigen Regionen sieht. In der Deutschschweiz hätte es sogar Platz für zwei derartige Stationen, die nicht nur den bestehenden Sendern keine Butter vom Brot nehmen, sondern sich im Gegenteil positiv auf ihre Umsätze auswirken würden, weil der Markt als Ganzes ausgedehnt würde.

Die Studie geht laut Bakom-Sprecher Wehrlin nächste Woche an die interessierten Kreise und die Kantone zur Stellungnahme. Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein, weil da auch die Frage hineinspielt, ob allenfalls ein Umstieg auf DAB-Technologie (Digital Audio Broadcasting) die steigenden Bedürfnisse nach Qualität und Quantität abdecken würde. Prophylaktisch ist das Bakom in einer eigenen Studie diesem Thema bereits nachgegangen und hat einmal mehr Finanzbedarf ausgemacht: Ein von sechs Sendern betriebenes kleines Netz mit drei Sendern würde bei einer Amortisationsfrist von 10 Jahren jährliche Investitions- und Betriebskosten von 673 000 Franken oder 112 000 Franken je Station ausmachen. Bei einem grossen Netz mit 20 Sendern wären es gar 6,27 Mio. Franken. - Mehr dazu: «Radiozukunft Schweiz»: Radiopionier warnt