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Donnerstag
08.06.2006

Diktiert der Markt die Qualität im Journalismus - oder sind Inhalte die Lenkungsmittel der Qualität? Weil es auf beide Fragen keine zwingend klare Antworten gibt, endete die Chefredaktoren-Dikussionsrunde in der Presselounge von Tamedia am Mittwochabend mit einem «klassischen» Unentschieden zwischen Markus Eisenhut («Berner Zeitung»), Bernhard Weissberg («heute») und Markus Spillmann («NZZ»). Eingeladen hatte der Verein Qualität im Journalismus.

Spillmann wertete in der Diskussion die Veränderungen bei den Bernern (Ausbau der Lokalberichterstattung) und bei Ringier (Lancierung von «heute») als von «verlegerisch-unternehmerischen Überlegungen» her gedachte Lösungen. Qualität müsse aber über den Inhalt definiert werden. «Wir sind doch keine Überbringer von schlechten Nachrichten. Wenn die Wirtschaft der Schweiz wächst, bringen wir es auch», erklärte Spillmann. Qualität brauche «ein bisschen» Quote, weil Qualität koste. «Aber es gibt einen Scheitelpunkt.»

Markus Eisenhut indessen verteidigte die konzeptionellen Änderungen bei Berns grösster Tageszeitung: «Im Ressort Region werden immer die Volontäre abgestellt.» Es sei eine Krankheit der Journalisten, sehr oft an den Bedürfnissen der Leser vorbeizuschreiben. «Die `BZ` kostet 2 Franken 80 jeden Tag. Da kann ich doch nicht sagen, der Leser interessiert mich nicht.» Qualität sei mehr als ein gut geschriebener Artikel und gute Gewichtung. Sie bestehe etwa auch aus dem Konzept, dem Leserservice oder daraus, dass die Optik hereinziehe.

Laut «heute»-Chef Bernhard Weissberg wolle Ringier mit der Abendzeitung nicht nur auf dem Gratismarkt bestehen. Es sei auch ein Projekt, um Reaktionstempo und Mitteleinsatz zu testen. «Wir bringen nicht keine schlechten Nachrichten. Wir suchen auch gute», erklärte Weissberg. Den Menschen, die in Zürich lebten, gehe es gut. «Die Pendlerinnen und Pendler kommen mit Ambitionen hierher.» Damit habe es zu tun, dass - bei der Marktforschung im Vorfeld der «heute»-Lancierung - der Abdruck schrecklicher Bilder und News aus aller Welt auf Ablehnung gestossen sei. Die Frage stelle sich, welches das «wirkliche Leben» sei. Die herkömmlichen Medien bildeten das offiziöse Leben, Staat und Wirtschaft, in allen Facetten ab. «Daneben gibt es noch ein anderes Leben.»