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Dienstag
26.05.2009

500 Journalisten in der Schweiz sind auf Jobsuche. Und es werden mehr: Gerade diese Woche streicht die Tamedia Dutzende Stellen. Für die entlassenen Journalistinnen und Journalisten wird es schwierig, bei einer anderen Zeitung unterzukommen. Einige werden gezwungen sein, in verwandte Branchen zu wechseln, wie zum Beispiel in die PR oder Kommunikation.

Können sich gestandene Journalisten einen solchen Seitenwechsel vorstellen? «Nach einigen Monaten Arbeitslosigkeit schon», sagt Nina Santner von der Regionalredaktion des «Tages-Anzeigers» in Uster gegenüber dem Klein Report am Dienstag. «Ich muss auch für meine Familie sorgen. Wir haben zwei Kinder und müssen beide erwerbstätig sein.» Der Winterthurer «Tagi»-Korrespondent René Donzé fühlt sich dafür zu jung. «Wenn ich 50 wäre, würde ich vielleicht eine Stelle im PR-Bereich annehmen. Aber noch bleibe ich im Journalismus», sagt der gut 40-Jährige.

Redaktorin Susanne Anderegg zögert. «Eigentlich möchte ich nicht in der PR-Branche arbeiten, weil das meinem journalistischen Selbstverständnis widerspricht. Doch eine Stelle im Gesundheitswesen, das mein Spezialgebiet ist, könnte ich mir eventuell vorstellen. Aber nicht als Pressesprecherin, eher als Kommunikationsberaterin.» Der über 60-jährige «Tagi»-Journalist Daniel Suter hat früher Werbetexte geschrieben und könnte sich einen solchen Job wieder vorstellen. «Werbetexte schreiben ist lustig.»

Langjährige Journalisten haben traditionellerweise Hemmungen, für ein Produkt oder ein Institut Werbung zu machen. Doch diese Hemmschwelle ist gesunken. «Es gibt einige Journalisten, die wechseln wollen», sagt Mireille Saucy, Präsidentin der schweizerischen PR-Gesellschaft (SPRG), auf Anfrage des Klein Reports. «Diesen Trend stellen wir seit über einem Jahr fest, und er wird sich in den nächsten Monaten verstärken.» Platz gibt es noch in der Branche. «Wir spüren die Krise weniger», sagt Saucy. «Gerade jezt brauchen die Firmen Beratung in Sachen Kommunikation.» Viele Bewerbungen kriegt auch Frank Bodin, Präsident des Schweizer Werbeagenturenverbands BSW. «Unter den Bewerbern hat es einige Journalisten.»

«Der Wechsel vom Journalismus in die PR-Branche war schon immer ein Thema», sagt Christian Wick, Präsident der Zürcher PR-Gesellschaft. «Da gibt es grosse Umsteiger wie der ehemalige `Blick`-Chefredaktor Sacha Wigdorovits. Oder der Fernsehmoderator Patrick Rohr, der heute eine Kommunikationsagentur betreibt.» Für viele Journalisten gehe es jetzt um pure Existenzsicherung. Die Abbaupläne des Medienkonzerns Tamedia: Tamedia streicht 80 Stellen und «Der Bund» muss 19 Vollzeitstellen abbauen