Die neue Ausstellung im Zürcher Museum für Gestaltung heisst «Kopf an Kopf - Politikerporträts». Am Mittwochabend wurde die noch nicht ganz fertige Ausstellung den 150 Gästen und Mitarbeitern der Allgemeinen Plakatgesellschaft (APG) und des Art Directors Club (ADC) an einer Vor-Vernissage gezeigt. Entsprechend dem hohen Anspruch der Ausstellung sowie vor allem im Hinblick auf die US-Präsidenten-Wahl vom nächsten Dienstag, 4. November, einem der spannendsten Duelle der amerikanischen Geschichte zwischen dem Demokraten Barack Obama und dem Republikaner und Vietnam-Veteranen John McCain, birgt das Thema aktuelle Brisanz. Am Donnerstag findet um 11 Uhr die offizielle Vernissage statt, ab Freitag ist die Ausstellung für die Öffentlichkeit zugänglich.
Direktor Christian Brändle vom Zürcher Museum für Gestaltung konnte bei der Preview-Veranstaltung auf eine hochkarätige Gästeschar zählen. Er wie auch Bernadette Mock, Leiterin Kommunikation des Museums, wissen, wie man mit solchen Gäste umgeht. Die Ostschweizerin arbeitete einige Jahre als Promotion-Dame bei der internationalen Plattenfirma Warner Brothers. Dort hatte sie Weltstars wie Phil Collins oder Red Hot Chili Peppers betreut.
Unter den Teilnehmern der Vorab-Ausstellung sah man Werbe-Stars von gestern und heute. Gebi Schregenberger, die Aebi-Brüder Jean Etienne und Geri und Hans Ulrich Schweizer, Ehrenmitglied des Art Directors Club (ADC). Nebst vielen Top-Kreativen aus der Werbeszene gaben sich auch Namen aus der Kultur-Szene die Ehre: Paul Burkhalter, Chef des Casinotheaters Winterthur oder Catherine Bloch von Culture Communications, dort unter anderem verantwortlich für die Pressebetreuung von Karls Kühne Gassenschau mit «Silo 8». ADC-Mitglied Martin Fueter von Condor Films oder die Fotografen Peter Hebeisen, Thomas Cugini und Bruno Torricelli.
Das noch heute aktuelle Statement des einstigen französischen Staatspräsidenten Edgar Faure (1908 bis 1988) - «die Kunst des Regierens besteht darin, die grössere Hälfte der Nation zufriedenzustellen, ohne die kleinere Hälfte zu vergrämen» - wurde zur visuellen Übersetzung der meisten Politiker-Porträts genutzt. Was freilich bei den Werbe-Posters von üblen Diktatoren wie Hitler, Stalin, Mao oder Mussolini überhaupt nicht zutreffen kann, wie die Geschichte weiss.
Vier Persönlichkeiten der internationalen Politik werden in der Ausstellung «Kopf an Kopf - Politikerporträts» näher vorgestellt. Figuren mit ikonographischer Bedeutung wie der russische Revolutionsführer Lenin, der ehemalige Hollywood-Action-Held und heutige Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, ebenso wie der kubanische Revolutionär und Castro-Weggefährte Che Guevara, dessen Konterfei das meistreproduzierte Porträt überhaupt darstellt. Obwohl viele, die es auf ihrem T-Shirt tragen, keine Ahnung haben, was für ein übler Geselle Guevara war.
Die ukrainische Ministerpräsidentin Yulia Tymoshenko wird aufgrund ihrer Vielseitigkeit einerseits, ihres starren und gleichmässigen Gesichtsausdrucks anderseits auf Hunderten von Bildern dargestellt. Die Fotos hat die Politikerin übrigens dem Museum in einem riesigen Paket mit Propaganda-Material zukommen lassen.
Die Ausstellung zeigt auch auf, welcher wiederkehrenden Muster sich die Politisierenden bedienen, um sich die Gunst der Wählerschaft zu sichern - ob sie nun im Wahlkampf sind oder längst im Amt. Gespiegelt wird diese affirmative Welt durch die bissige Satire der politischen Demontage. Die meisten Exponate stammen aus der Plakatsammlung des Museums für Gestaltung, das mit 350 000 Objekten weltweit zu den wichtigsten Institutionen dieser Art zählt. Aber auch ganz andere Exponate wie die Pralinen-Schachteln mit Bildern der englischen Königin, deren Grossvater oder Kriegs-Premier Sir Winston Churchill aufgedruckt, sind zu bewundern.
Selbstverständlich kommt auch die Schweiz bei der Ausstellung nicht zu kurz, ob durch die Repräsentation von Bundesräten oder durch Porträts der Zürcher Regierungsratspräsidentinnen und -präsidenten als Ölmalereien, die der Öffentlichkeit normalerweise verborgen bleiben. Karikaturen von Hitler, de Gaulle oder Klaus Staecks Bilder von Helmut Kohl und Franz-Josef Strauss zeigen die Demontage von Politikern.
Mittwoch
29.10.2008