Es ist ein hochemotionales Thema – und es spiegelt die Tragik eines der schwierigsten Kapitel der jüngeren Geschichte: der Nahostkonflikt und die mediale Gewichtung der dramatischen Ereignisse.
Mittendrin: die SRG mit all ihren Kanälen. Der Zürcher Anwalt Emrah Erken hat kein Verständnis für die Nahost-Berichterstattung des Senders. Er ärgert sich über die «offenkundig antisemitische und pro-dschihadistische Haltung» der Programmverantwortlichen und wirft der SRG vor, gezielt und aus politischen Motiven über bestimmte Ereignisse von Relevanz nicht zu berichten, was er als «Nichtberichterstattung» bezeichnet. Ausserdem kritisiert er die Auswahl der Experten und Interviewpartnerinnen, die das eigene Narrativ stützten.
Besonders geärgert habe er sich, als die SRG-Sender über den getöteten Hisbollah-Chef Nasrallah eine Würdigung veröffentlicht habe, die sich anhörte, als habe es sich beim Getöteten um einen Nobelpreisträger gehandelt. Die Israel- und Nahost-Berichterstattung sei aber nur die Spitze des Eisbergs; die SRG verhalte sich in anderen Bereichen ebenso einseitig.
Ins gleiche Horn stösst Ronny Siev, Zürcher GLP-Gemeinderat mit jüdischen Wurzeln: «In einem Krieg an die richtige Information zu gelangen, ist schwierig. Jedoch verbreitet SRF regelmässig Hamas-Narrative weiter. Das SRF hat eine Verantwortung, keine Kriegspropaganda zu reproduzieren.»
Die israelische Regierung werde regelmässig als «rechtsextrem» bezeichnet, die Hamas dagegen seien im SRF-Narrativ «Kämpfer». Das UNRWA (das UNO-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge) werde gezielt glorifiziert – und nie hinterfragt. Dass 90 Prozent der palästinensischen Attentäter vom 7. Oktober 2023 dort ausgebildet wurden, werde von SRF ausgeblendet.
So ist es kein Zufall, dass Erken und Siev der Einladung der Bewegung «Silent Walk» gefolgt sind, die unter dem Motto «Information statt Narrativ» am Freitag, 29. August 2025, um 17 Uhr auf dem Sirius-Platz bei der Tramhaltestelle Fernsehstudio in Zürich Oerlikon eine Kundgebung durchführt.
Zum Inhalt der Veranstaltung heisst es im Mediencommuniqué: «Bürgerinnen und Bürger aus verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Bereichen wollen damit ein Zeichen für faire und faktenbasierte Medienberichterstattung setzen. Die Veranstalter kritisieren eine zunehmende Einseitigkeit und tendenziöse Darstellung in den Programmen der SRG und sehen darin eine Mitursache für das Erstarken antisemitischer Einstellungen in der Schweiz».
Gefordert werden konkrete Verbesserungen bei der journalistischen Verantwortung, mehr Meinungsvielfalt sowie eine konsequente Einhaltung des Sachgerechtigkeits- und Vielfaltsgebots nach Radio- und Fernsehgesetz. Auch private Medienhäuser werden aufgefordert, Verzerrungen und Framing zu vermeiden.
Es ist ein Kampf, den Emrah Erken schon lange ausficht – nicht ohne Erfolg.
Bereits im Dezember 2024 wurde eine Beschwerde von ihm gegen die SRG von der unabhängigen Beschwerdeinstanz (UBI) gutgeheissen, im Mai 2025 reichte er eine weitere Popularbeschwerde zur Berichterstattung über die UNRWA ein. Während bürgerliche Kritiker die Rügen als Beleg für linke Parteilichkeit werten, weist die SRG den Vorwurf zurück – und zieht die erfolgreiche Beschwerde vom Dezember ans Bundesgericht weiter.
Darüber können sowohl Erken als auch Siev nur den Kopf schütteln. Der Anwalt spricht von «miserabler journalistischer Qualität» beim Schweizer Fernsehen und dem «Ausblenden von Argumenten, die nicht der eigenen Ideologie entsprechen»; Siev nimmt zudem die Warte des betroffenen jüdischen Bürgers ein: «Der Antisemitismus nimmt zu – auch in der Schweiz». Er sei ebenfalls schon auf offener Strasse attackiert worden. Es sei deshalb kein Zufall, dass 30 Prozent der Juden in der Schweiz ans Auswandern denken.
Und was erhofft er sich von der Demonstration am 29. August? Siev: «Dass eine Diskussion entsteht. Antisemitismus gibt es schon seit vielen Jahrhunderten in der Schweiz. Der israelbezogene Antisemitismus überdeckt mit seiner Aggressivität und seinen Konsequenzen alle anderen Antisemitismusformen. Die SRG trägt bewusst oder unbewusst antisemitische Narrative in die Bevölkerung».
Erken ist wenig optimistisch – und geht nicht davon aus, dass die SRG über ihre Veranstaltung berichtet. Damit würde man der eigenen Grundhaltung widersprechen. Er fordert deshalb eine Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG). Vor allem gutgeheissene Beschwerden müssten aus seiner Sicht echte Konsequenzen nach sich ziehen – was heute nicht der Fall ist.
Der Klein Report wartet gespannt – und hofft, dass doch noch ein konstruktiver Dialog stattfindet.