Auf die Beschwerden, welche zwei Journalisten im Nachgang zu ihrer Festnahme am 22. Januar gegen die Stadtpolizei Bern eingereicht hatten, ist die Berner Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie (SUE) nicht eingetreten. Sie ist der Ansicht, dass die Beschwerden nicht fristgerecht eingereicht worden seien und äussert sich daher nicht zum Inhalt. Die Beschwerdeführer hatten mit Unterstützung der Mediengewerkschaft Comedia kritisiert, dass die Festnahmen in ungerechtfertigter Weise ihre Grundrechte verletzt hätten: die persönliche Freiheit (Schutz vor willkürlichen Festnahmen), die Medienfreiheit (Recht und Pflicht der Medienschaffenden zur Berichterstattung), die Meinungs- und Informationsfreiheit (als Vorbedingung für die Medienfreiheit). Mit dem Antrag auf Einsicht in den Dienstbefehl wollten sie die Festnahmepraxis der Polizei und die Behandlung von Festgenommenen überprüfen lassen.
Comedia und die beigezogenen Juristinnen und Juristen erachten den Nichteintretensentscheid als falsch und als formaljuristischen Vorwand: Die für solche Verfahren geltende 30-tägige Beschwerdefrist kann erst zu laufen beginnen, wenn die Berechtigten über den Festnahmegrund in Kenntnis gesetzt worden sind. Dies war vorliegend nicht schon am 22. Januar, sondern erst mit der mehr als vier Wochen später gewährten Akteneinsicht der Fall. Trotzdem haben Comedia und die Beschwerdeführer beschlossen, die Sache auf diesem verwaltungsrechtlichen Weg nicht weiter zu verfolgen. Die Verfahrensfrage durch mehrere Instanzen hindurch abklären zu lassen, würde einen untragbaren Aufwand verursachen und das Verfahren in die Länge ziehen.
Offen und unbeantwortet bleiben weiterhin die Strafanzeigen gegen die Polizeiverantwortlichen wegen Freiheitsberaubung und Entführung (StGB 183) durch unbegründete Festnahme und Festhalten über mehrere Stunden, wegen einfacher Körperverletzung an einem Wehrlosen (Art. 123 Ziff. 2 StGB) sowie wegen Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB) durch systematische Demütigung der Festgenommenen.
Comedia hat zum Ziel, den Umgang der Polizeibehörden mit Medienschaffenden grundrechtskonform zu klären und so lange öffentlich zu thematisieren, wie sich auch Schweizer Sicherheitsleute Verstösse, Informationsblockaden, Schikanen und sogar Misshandlungen erlauben.
Freitag
13.05.2005