Die Informationsmedien erreichen die Schweizer Bevölkerung nicht nur weniger, sie sind auch durch einen Schwund an Hardnews zugunsten von Softnews gekennzeichnet. Das ist eine Hauptaussage des Jahrbuchs «Qualität der Medien - Schweiz Suisse Svizzera», das am Donnerstag vom Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich präsentiert worden ist. Die Unterhaltungsfunktion der untersuchten Medien gewinnt demnach, die Informationsfunktion verliert an Bedeutung.
«In der Pressearena der Suisse romande wie auch in jener der Deutschschweiz zeigt sich neben der klassischen Hardnewskultur, die in erster Linie durch die Abonnements- und die Sonntagspresse getragen wird, eine Softnewskultur, die sich durch den Siegeszug der Gratismedien ausbreitet», hält das Jahrbuch fest. Die Mainstreammedien im Bereich der Presse seien in der deutschsprachigen und der französischsprachigen Schweiz Softnewsangebote.
Nicht weiter verwunderlich, fanden 2010 die weiteste Verbreitung doch die Titel der Gratispresse, gefolgt von denjenigen der Boulevardpresse. «Das tiefe Relevanzniveau der Boulevard- und der Gratispresse wird in der Informationsangebotsanalytik sichtbar durch die Ausrichtung auf Human Interest und Sport, durch starke Tendenzen zur Personalisierung und Privatisierung sowie durch eine episodische Berichterstattung, die beim Boulevard zusätzlich moralisch-emotional aufgeladen ist», so die Verfasser des Jahrbuchs. Ausserdem zeigten beide Pressetypen eine äusserst niedrige Quellentransparenz. «Die Gratispresse schneidet besonders schlecht ab: Sie betreibt einen am Newsticker orientierten, episodischen Journalismus ohne Quellentransparenz, und ihre redaktionellen Eigenleistungen sind im Vergleich klein», so die Verfasser weiter.
Dabei werden Agenturmeldungen oftmals nicht als solche gekennzeichnet. Und dies nicht nur in der Gratispresse, wie das Jahrbuch aussagt: «In 40 Prozent der Fälle werden Agenturmeldungen in einer problematischen Form übernommen. Vor allem in Boulevard- und Gratiszeitungen dominiert eine `Copy-Paste`-Mentalität mit einer durchgängigen Quellenintransparenz, zudem oft verbunden mit einer boulevardesken Aufladung der Agenturmeldungen», hält das Jahrbuch fest.
Wenig Transparenz herrsche auch bei der Kennzeichnung jener Textpassagen vor, die auf Public Relations von Unternehmen beruhen. Nur 25 Prozent der Beiträge würden die Verwertung von PR-Informationen an prominenter Stelle transparent machen. Vor allem bei Sonntags-, Boulevard- und Gratiszeitungen sei dieses Qualitätsmerkmal kaum oder gar nicht anzutreffen. Zugleich sei sowohl der quantitative wie qualitative PR-Einfluss hoch: Zum einen würden nicht weniger als 40 Prozent der untersuchten Unternehmensberichterstattung durch PR-Aktivitäten ausgelöst, zum anderen in 56 Prozent der Fälle die Deutungsperspektive der Unternehmen einfach übernommen.
Das Jahrbuch «Qualität der Medien - Schweiz Suisse Svizzera» wird seit 2010 durch den Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich herausgegeben. Ziel sei «die Stärkung des Qualitätsbewusstseins bei den Medienmachern wie beim Publikum». Das Jahrbuch soll eine Quelle bilden für Medienschaffende, Akteure aus Politik und Wirtschaft, die Wissenschaft und für alle Interessierte, die sich mit der Entwicklung der Medien und ihren Inhalten auseinandersetzen wollen. Das Nachschlagewerk erscheint in gedruckter Form im Schwabe Verlag und ist ebenfalls als Online-Book erhältlich. Die Resultate können zudem in Auszügen unter www.qualitaet-der-medien.ch abgerufen werden. Auf dieser Plattform publiziert der fög regelmässig ergänzende Untersuchungen.