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Freitag
24.10.2008

Im Prozess vor dem Wiesbadener Landgericht, vor dem sich der Ex-Aegis-CEO Aleksander Ruzicka wegen Untreue im Ausmass von 51,2 Millionen Euro verantworten muss, hat der Angeklagte am Freitag erstmals zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen ausgesagt. Während fast drei Stunden legte er allerdings kein Geständnis ab. Vielmehr blieb er bei dem, was er zuletzt vor einem Jahr in einem Interview gesagt hatte. Indes liess er in 15 Beweisanträgen infrage kommende Zeugen sowie angebliches Beweismaterial für den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen vorlegen.

Das Grundkonzept von Aegis Media sei die Generierung von Neukundengeschäft und die Steigerung der Gewinne, legte Ruzicka dem Gericht dar. In der kommerziellen Politik von Aegis Media aus dem Jahr 2001 sei darunter auch die Kostenreduzierung durch Auslagerung an Drittfirmen genannt. So habe Aegis Media in den Jahren 2001 bis 2005 bei sinkenden Umsätzen dennoch die Volumen aus Naturalrabatten und damit die Gewinne steigern können. So sei es Unternehmensstrategie gewesen, keine Freizeiten zu verkaufen, sondern Vergütung für die Beschaffung von Freespace zu bekommen.

Aegis Media trenne strikt zwischen Agenturgeld und Kundengeld, führt der ehemalige CEO weiter aus. Einzig der Kunde entscheidet darüber, was wann mit diesem Geld geschieht. Wäre dies nicht geschehen, wäre das Geld nicht von den Kunden abgerufen und mit diesem gearbeitet worden, so Ruzicka. Da Aegis Media nach dem Prinzip arbeite, alle Rabatte an die Kunden weiterzugeben, könne demnach kein Geld von Aegis Media veruntreut worden sein. Aegis Media verdiene vielmehr mit einer Art Erfolgshonorar am Beschaffen von zusätzlichen Naturalrabatten von den Medien.

Ein weiteres Grundprinzip von Aegis Media sei es, an 70 Prozent aller nationalen Konkurrenzpräsentationen teilzunehmen. Eine Vorgabe der Konzernzentrale sei der Gewinn von 30 Prozent aller Pitches, an denen die Mediaagentur teilnehme. Dies sei in den Personal Objectives der Guideline von Aegis Media, Principles & Policies, schriftlich fixiert. Da viele Kunden gar nicht die Absicht hatten, ihre Mediaetats auszuschreiben, habe Aegis Media die Strategie entwickelt, Pitches zu provozieren und dadurch das Neukundengeschäft zu forcieren. Die Idee des Pitches soll beim Kunden entstehen und nicht durch die Mediaagentur herangetragen werden.

Man habe zu diesem Zweck ein Beziehungsmanagement entwickelt, mit dem beispielsweise Personenprofile von Marketingentscheidern und Meinungsmultiplikatoren erstellt wurden, so Ruzicka. So sei im Businessplan von Aegis Media festgehalten, welche leitenden Aegis-Mitarbeiter nach einem genauen Eventplan potenziellen Kunden oder auch Medienanbietern zugewiesen werden. Zu diesem Zweck soll Aegis Media auch heute noch Repräsentanzen, Gästehäuser, Segelschiffe, Flugzeuge, Helikopter oder einen Golfplatz in Marokko unterhalten. Es habe Einladungen zu den Salzburger Festspielen, nach Bayreuth, zum Jagen nach Ungarn und Südafrika oder zum Golfturnier nach Wiesbaden gegeben.