Der Bundesrat will die Post-Grundversorgung vorerst nicht zurückfahren. Für die schon länger umstrittene Geschäftstätigkeit des staatlichen Betriebs ausserhalb seines Kernauftrags soll es künftig klarere Regeln geben.
Die Landesregierung wolle «mit der Modernisierung der Grundversorgung nicht zuwarten, bis die Post in einer finanziellen Schieflage ist», sagte SVP-Bundesrat Albert Rösti am Mittwochnachmittag an einer Medienkonferenz in Bern.
Die Digitalisierung wälze das Kerngeschäft der Post um. Das Volumen der Briefe habe sich in den letzten zwanzig Jahren halbiert. Und auch die Geldüberweisungen in den Postfilialen seien seit Jahren stark rückläufig, erklärte Rösti vor den Journalisten.
Daher will der Bundesrat ab nächstem Jahr mit Abstrichen an der Grundversorgung die Post um bis zu 45 Millionen Franken pro Jahr entlasten.
Solange es eine Nachfrage gebe, soll der Service public laut Rösti nicht zurückgefahren werden. Briefe sollen auch weiterhin an fünf Wochentagen im Briefkasten landen, die A-Post soll nicht gestrichen werden und abonnierte Tageszeitungen müssen an sechs Wochentagen spätestens bis 12.30 Uhr zugestellt sein.
Ab 2030 jedoch «muss die Post ihr Angebot der Nachfrage anpassen können», sagte der Post-Minister weiter. Dies vor allem dann, wenn die Nachfrage weiter zurückgehe.
Geht die Briefmenge also weiterhin zurück, könnte die Post die Zustelltage von fünf auf vier reduzieren.
Diese möglichen Anpassungen kommentierte die Gewerkschaft Syndicom mit dem gewohnten Aufschrei: Dies sei «nichts anderes als ein Türöffner für massiven Abbau, insbesondere in ländlichen Regionen», empörte sich die Post-Gewerkschaft, kurz nachdem die Pläne bekannt wurden.
Zu den Einkaufstouren der Post räumte Bundesrat Rösti ein, dass der Aufkauf von Firmen durch den Staatskonzern bis jetzt insgesamt ein Verlustgeschäft gewesen sei. Die Schweizerische Post gehört zu 100 Prozent dem Bund.
Daher will der Post-Minister Klarheit ins Postorganisationsgesetz bringen. So soll der Unternehmenszweck der Post präzisiert werden. Ausserdem soll ein Rechtsschutz eingeführt werden, der es Privatunternehmen künftig erlauben würde, eine mögliche Überschreitung dieses Unternehmenszwecks zu überprüfen.
Auch hier ist allerdings mit Tempo B-Post zu rechnen, dürfte dieses Vorhaben doch frühestens Mitte 2026 Wirklichkeit werden.
In dem ebenfalls am Mittwoch publizierten Rechtsgutachten zu einer Motion von Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner, der die Firmen-Akquisitionen «innerhalb des Leistungsauftrags» halten will, wird in einem detaillierten Bericht vom Mittwoch angedeutet, welches möglicherweise fragwürdige Akquisitionen der Post waren.
Als Beispiele genannt werden die terreActive SA, ein auf Cybersecurity spezialisiertes Unternehmen, das die Post 2023 übernommen hat, sowie die PubliBike AG, ein Veloverleihunternehmen, das von PostAuto 2011 gegründet und von der Post 2022 verkauft wurde.
In dem Gutachten wird auch ein möglicher künftiger Schwellenwert von einem Prozent der Post-Eigenmittel vorgeschlagen. Damit müsste jede Firmenübernahme von mehr als derzeit 102,55 Millionen Franken dem Bundesrat zur Genehmigung unterbreitet werden.
Genehmigungspflichtig wäre dann auch die umstrittene Akquisition der Aussenwerberin Livesystems, die die Post 2021 übernommen hat, wie der Klein Report ausführlich berichtete.