Die Schweizer Behörden haben möglicherweise die Vernichtung von Akten im Atomschmuggelfall zu spät eingeleitet. Nach Aussagen eines früheren Uno-Waffeninspektors hätten die Dokumente Baupläne für einen neuartigen Atomsprengsatz enthalten; dieser sei offenbar bereits in falsche Hände geraten. Mit den Sprengsätzen könnten Mittel- und Langstreckenraketen bestückt werden, wie sie derzeit im Iran und in mehr als einem Dutzend weiterer Schwellenländer vorhanden seien, berichtete der Atomwaffenexperte David Albright in einer Studie, aus der die «Washington Post» am Sonntag zitierte.
Die Blaupausen seien Teil eines ganzen Pakets von Protokollen, Plänen und Zeichnungen zum Bau von Atomwaffen und Gaszentrifugen, die 2006 auf den Computern eines Schweizer Geschäftsmanns gefunden und von den Schweizer Behörden unter Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zerstört worden waren. Die Uno-Experten könnten jedoch nicht ausschliessen, dass die Zeichnungen schon vorher an «einige der heimtückischsten Regime der Welt verkauft wurden», warnte Albright weiter. Der Bericht des Atomexperten und Direktors des Institute for Science and International Security (ISIS) in Washington soll noch diese Woche veröffentlicht werden.
Der inzwischen zerschlagene Schmugglerring, der von dem pakistanischen Wissenschafter Abdul Quadeer Khan geführt wurde, wurde vor allem wegen der Lieferung von Atomwaffen-Bauteilen an Libyen, den Iran und Nordkorea bekannt. Gemäss Aussagen von Albright sind die 2006 in der Schweiz gefundenen Pläne allerdings weitaus besorgniserregender. Während Libyen nämlich Unterlagen über eine ältere und relativ primitive Bombe erhalten habe, enthielten die auf den Schweizer Computern gefundenen Pläne Instruktionen für den Bau einer hoch entwickelten, kompakten Waffe. Weitere Informationen zum Thema Pierre Cornu auch im Fall Atomschmuggel beauftragt
Sonntag
15.06.2008