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Dienstag
29.11.2011

Fünf Menschenrechtsorganisationen haben am Dienstag in einem gemeinsamen Appell mehr Presse- und Meinungsfreiheit in Afghanistan gefordert. Auslöser ist die Internationale Afghanistan-Konferenz, die am 5. Dezember in Bonn
unter dem Vorsitz des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai stattfinden wird.

Reporter ohne Grenzen (ROG) sowie vier afghanische Nichtregierungsorganisationen forderten die afghanische Regierung und andere Teilnehmer der Konferenz konkret dazu auf, der Wahrung der Presse- und Meinungsfreiheit in Afghanistan in der Zusammenarbeit einen höheren Stellenwert einzuräumen. «Nie zuvor in der Geschichte Afghanistans hatten die dort lebenden Menschen einen freieren Zugang zu Informationen», erklärten die fünf Organisationen. Aber diese Fortschritte seien jeden Tag bedroht.

ROG und andere Medienverbände registrierten in den Jahren 2001 bis 2011 Hunderte von Gewalttaten gegen Medienschaffende in Afghanistan. Mindestens 16 Journalisten wurden in dieser Zeit getötet. Die Taliban bleiben eine der grössten Gefahren für Journalisten und insbesondere für Journalistinnen. Mit massiven Drohungen versucht die Terrorgruppe, Medienmitarbeiterinnen an der Ausübung ihres Berufs zu hindern.

Daneben wenden Warlords, Drogenhändler sowie Vertreter der Regierung und lokaler Behörden Gewalt gegen kritische und unabhängige Pressevertreter an. In einigen Provinzen werden Medien und Journalisten nahezu täglich von staatlichen Behörden bedroht. Sicherheitskräfte nehmen Journalisten nicht nur fest, sondern beschuldigen sie der Spionage und üben enormen Druck auf sie aus. Auch religiöse Gruppen, die grossen Rückhalt bei den Behörden geniessen, tragen zu dem Klima der Gewalt bei. So verurteilt der höchste Rat religiöser Gelehrter in seinen Erklärungen viel häufiger Journalisten und Medien als etwa terroristische Gruppen, Warlords oder Drogenhändler.

Straffreiheit für Verbrechen gegen Journalisten scheint das grösste Problem zu sein. Die meisten Gewalttaten bleiben gemäss Reporter ohne Grenzen ungesühnt, die grosse Mehrheit der Morde unaufgeklärt. «Das Scheitern der afghanischen Polizei und Justizbehörden, die Mörder festzunehmen und zu bestrafen, weckt Zweifel an der Fähigkeit der Kabuler Regierung, internationale Verträge und Konventionen einzuhalten», kritisieren die Organisationen. Zudem biete das Schweigen von Präsident Hamid Karzai zu den Verletzungen der Meinungs- und Informationsfreiheit in seinem Land Anlass zur Sorge.