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Montag
24.10.2022

TV / Radio

Bundesrat Ueli Maurer lässt Satirikerin Patti Basler ohne Antwort stehen, als diese dem Magistraten eine sachliche und aktuelle Frage stellte...             (Bild: SRF)

Bundesrat Ueli Maurer lässt Satirikerin Patti Basler ohne Antwort stehen, als diese dem Magistraten eine sachliche und aktuelle Frage stellte... (Bild: SRF)

Eine Kürzest-Aussage aus einem Interview mit Bundesrat Ueli Maurer wird immer wieder aufgewärmt. Unvergessen ist bis heute, wie Maurer kurz nach den Bundesratswahlen 2015 einen SRF-Reporter mit den Worten «kä Luscht» auflaufen liess.

Das Verhältnis des nun abtretenden Magistraten zu den Medien scheint sich seither nicht viel gebessert zu haben. Noch am 2. Oktober hat der überzeugte Gegner der Medienförderung in einer Rede vor Medienleuten bestätigt, dass er sich «nur via Teletext» informiert und das Radio nach drei Minuten abschalten muss, weil er genug vom «Einheitsbrei» hat. Wieso er weiss, dass es ein Einheitsbrei ist, wenn er nie Radio hört, entschliesst sich dem Klein Report.

Kurz vorher, bei seiner Rücktrittsankündigung am 30. September, erlaubte sich Maurer noch einmal einen Sager, der wohl in die Geschichte eingehen wird.

Ob männlich oder weiblich, spiele keine Rolle – «solange es kein ‚Es‘ ist, geht es ja noch», meinte der Staatsmann auf die Frage zu einer Nachfolge.

Diese Antwort des abtretenden Finanzministers hat hohe Wellen geschlagen. Dem Bundesrat wurde Transfeindlichkeit vorgeworfen. Die Aussage sei «absolut inakzeptabel», so das Transgender-Netzwerk Schweiz, das vom Bundesrat eine Entschuldigung forderte.

Das will er nicht tun, wie Ueli Maurer an der SVP-Delegiertenversammlung am Samstag in Luzern verkündete. Er habe bewusst provozieren wollen.

Von den SVP-Anhängern wurde er dafür bejubelt. Die Komikerin Patti Basler hingegen hat kein Verständnis für solche Provokationen, wie die «SonntagsZeitung» zu berichten weiss. Sie selbst wurde erst kürzlich von Maurer angeblafft, als sie für die SRF-Satiresendung «Deville» Politikerinnen und Politiker vor dem Bundeshaus abfing. «Diese huere Fragen vom Fernsehen. Viel dümmer kann man nicht sein, als ihr es seid. Entschuldigung», schimpfte der SVP-Politiker im Vorbeigehen ins SRF-Mikrofon.

Befragt wurde er von der Aussen-Reporterin des Satire-Magazins zur Frauenkrankheit Endometriose. Das Parlament hatte zuvor darüber diskutiert. Die Flucht vor Patti Baslers Frage hat auch Roger Köppel ergriffen. Diese rief dem Davonrennenden nach: «Du hast doch sicher Menstruationsprobleme, Roger? Mit deinen Kopfgeburten, die du jeden Tag hast?»

In der Satire-Sendung auf SRF gab es dafür die verdienten Lacher. In den Sozialen Medien wird Patti Basler aber seither massiv bedroht. So schreibt sie auf Facebook, dass sie nach Ausstrahlung dieser Szene zig Hassnachrichten erhalten habe. «Obwohl er zu mir respektlos war, wurde mir in zahllosen Messages und Kommentaren Respektlosigkeit vorgeworfen», schreibt Basler. Das nehme sie so entgehen, als Satirikerin gehöre sich das. «Ich bekam allerdings auch mehrere Morddrohungen, Vergewaltigungsandrohungen und unzählige übergriffige Kommentare zu meinem Körper und meiner Sexualität.»

Und die Satirikerin folgert: Wenn sie als Cis-Frau – eine Bezeichnung für Menschen, bei denen Geschlechtsmerkmale und -identität übereinstimmen – schon solche Reaktionen erhalte, «wie muss es dann Trans-Menschen, schwarzen Menschen, Queers, Non-Binären und so weiter täglich ergehen?»

Baslers Fazit: Maurer befeuere mit Sprüchen auf Kosten dieser Minderheiten Hass und Gewalttaten gegen ebendiese. Hass werde in den Augen gewisser Menschen dadurch «quasi legitimiert» und entfesselt, so die Comedy-Frau für einmal ganz ernsthaft.

Wie die «Neue Zürcher Zeitung» weiss, hat sich auch Kim de l’Horizon, der aktuelle Gewinner des deutschen Buchpreises, über das «Es» von Maurer enerviert. Der non-binäre Schreibende hat sich in einem Essay in der NZZ an den Bundesrat gewandt und ihm vorgeworfen, Personen wie ihm das Menschsein zu verwehren und sie nicht als vollwertiges politisches Subjekt zu akzeptieren. De l'Horizon hat Maurer eingeladen, gemeinsam ein Bier zu trinken.

Man nehme dies zur Kenntnis und danke «für Ihr Verständnis, dass wir nicht darauf eingehen», so die Antwort von Maurers Departement. Ebenso schweigt dieses auf Anfrage der «SonntagsZeitung» zu den Vorwürfen von Patti Basler. «Wir äussern uns nicht weiter dazu», so das Finanzdepartement.