Ein nicht durchwegs glückliches Händchen hat der Zürcher «Tages-Anzeiger» in seiner Berichterstattung über einen Fall von unsorgfältig gebauten Balkonen in Wädenswil gehabt. Der Schweizer Presserat hat deshalb eine Beschwerde des betroffenen Bauunternehmens teilweise gutgeheissen, wie der Rat am Dienstag schrieb. Der Fall eines abgestürzten Balkons hatte im Sommer 2006 zu einigem Aufsehen und einer längeren Folge von Artikeln zu verschiedenen Aspekten des Vorfalls in der Lokalpresse geführt.
Im folgenden März berichtete der «Tages-Anzeiger» in seiner Regional- und in der Hauptausgabe über weitere Balkone, die zu sanieren seien. Dabei war von «einsturzgefährdeten Balkonen» die Rede. Zudem erfolgte die Berichterstattung ohne Rücksprache mit dem Bauunternehmer, obschon ein Redaktionsmitglied ihm zugesagt hatte, es werde sich nach dessen Rückkehr aus den Ferien wieder bei ihm melden.
Der Presserat tadelt jetzt diese beiden Vorkommnisse als Verstösse gegen die Wahrheitspflicht und gegen das Fairnessprinzip. «Einsturzgefährdete» Balkone würden im Gegensatz zu «sanierungsbedürftigen» Bauteilen «auf eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben» hindeuten, kritisiert der Presserat. Und eine Verschiebung der Publikation um einen einzigen Tag wäre «ohne weiteres zumutbar» gewesen. Auch hätte die Zeitung nicht einfach davon ausgehen dürfen, der fragliche Bauunternehmer werde sich ohnehin kaum innert nützlicher Frist äussern. «Auch wenn eine Person bei früheren Gelegenheiten zu einem Thema eine Stellungnahme verweigert hat, darf bei neuen Vorwürfen nicht auf eine Nachfrage verzichtet werden», betont der Presserat in diesem Zusammenhang. - Die Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/23730.htm
Dienstag
29.01.2008