Als letzten Mittwoch im Aarauer Kleiderladen Rolling Rock ein Dieb in flagranti erwischt wurde, liess der Geschäftsführer Patrick Studer ihn nicht nur von der Polizei abführen, sondern veröffentlichte innert Stunden zwei Bilder des jungen Mannes auf Facebook. Ein Bild zeigt ihn in einer Nahaufnahme in der Umkleidekabine, ein anderes, wie er von der Polizei verhaftet wird. Sein Gesicht wurde dabei mit einem schwarzen Balken unkenntlich gemacht, sein Umfeld dürfte ihn dennoch erkennen.
Ergänzt werden die beiden Bilder durch den hämischen Kommentar: «Diebstahl ist uncool! Erst recht im Rolling Rock Shop. Wenn du lange Finger hast, geht es dir so wie deinem Kollegen. Wir weisen dich darauf hin, dass wir jeden Diebstahl der Polizei melden. Zudem erstatten wir Anzeige und veröffentlichen dein Bild auf unserer Facebook-Fanpage.»
Ganz Aarau diskutiert gemäss der «Aargauer Zeitung» vom Dienstag nun darüber, ob es sinnvoll ist, einen gefassten Täter für einen kleinen Diebstahl an den Pranger zu stellen, zumal die Facebook-Seite des Kleiderladens 1300 Fans hat und auch von allen anderen Internetnutzern problemlos über Google gefunden werden kann. Doch Geschäftsführer Studer hält an seiner Entscheidung fest. «Wir wollten ein Zeichen setzen», sagte er am Dienstag gegenüber der «Aargauer Zeitung».
Die auf Facebook angemeldeten Kunden von Rolling Rock scheinen sich am Internet-Pranger nicht zu stören: «Fantastisch! Patrick Studer kriegt sie alle!!!», lautet einer der noch harmloseren Kommentare. Ein anderer meint gar: «Söll ich ehn us neah!!! 7 johr kickbox!!!»
Wenig Gefallen, aber «viel Verständnis für den Frust» der Ladeninhaber zeigt der Infochef des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, Kosmas Tsiraktsopoulos. Der Bundesbeamte warnt davor, Selbstjustiz auszuüben. «Sobald die Behörden eingeschritten sind, ist das ihr Job», erklärte er gegenüber der Zeitung. Der Experte rät von solchen «Zurschaustellungen», zu denen Facebook geradezu einlade, dringend ab. Und er gibt zu bedenken: Unabhängig davon, ob der Verdächtige verurteilt wird, könnte dieser eine Zivilklage wegen Verletzung seiner Privatsphäre einreichen, so Kosmas Tsiraktsopoulos.
Dienstag
26.10.2010