Die Télévision Suisse Romande (TSR) startete offiziell am 1. November 1954 - rund ein Jahr nach dem Fernsehen in der Deutschschweiz. Im Standort-Krieg zwischen Genf und Lausanne hatte Genf die besseren Karten. Bereits 1949 fand in Genf die erste TV-Vorführung in der Westschweiz statt. Am 28. Januar 1954 strahlte das Genfer Fernsehen die erste Sendung aus - dank einer von Physik-Studenten gebauten Sendeanlage. Es folgten weitere Ausstrahlungen, bis die TSR offiziell Anfang November offiziell den Betrieb aufnahm.
1972 bezog die TSR den «Fernsehturm» im Genfer Plainpalais-Quartier. Trotzdem wird das «Téléjournal» vorläufig weiterhin in Zürich produziert. Erst in den 80er-Jahren zog die Westschweizer «Tagesschau» nach Genf. Eine umfangreiche Abteilung Information entstand.
Heute arbeiten rund 1000 Menschen bei der TSR. Jährlich werden auf TSR1 und TSR2 insgesamt 17 000 Programmstunden ausgestrahlt. Nebst dem Hauptsitz in Genf befinden sich in Lausanne, Freiburg, Neuenburg, Sitten und Moutier regionale Produktionszentren. Im Jahr 2003 erreichten TSR1 und TSR2 in der Westschweiz einen Marktanteil von 30,6 %. Sie liegen damit vor den französischen Haupt-Konkurrenten TF1 und M6. Nebst der Tagesschau «19:30» gehören das Informations-Magazin «Mise au point» sowie die Konsumentensendung «A bon entendeur» zu den beliebtesten Sendungen.
Einer, der die wechselvolle Geschichte des Senders hautnah miterlebt hat, ist der ehemalige Programmdirektor Raymond Vouillamoz, der 1966 zur TSR stiess und von 1992 bis 2003 für die Programme verantwortlich war. «Das Fernsehen hat der Westschweiz ein gemeinsames Bewusstsein vermittelt», sagt Vouillamoz. Die Nähe zum Publikum in der Romandie demonstriert das Westschweizer Fernsehen mit Regionalredaktionen in allen Romandie-Kantonen. «Die Korrespondenten haben die Aufgabe, die Aktualität in den Regionen so aufzubereiten, dass sie die gesamte Westschweiz interessiert», betont der ehemalige Programmdirektor.
Der regionale Bezug ist nicht zuletzt auf die starke TV-Konkurrenz aus Frankreich zurückzuführen. Während sich das Deutschschweizer Fernsehen (SF DRS) sprachlich von den deutschen Nachbarn abgrenzt, muss das Westschweizer Fernsehen die Nähe zum Publikum durch die Inhalte herstellen. Die Deutschschweiz sei durch den Dialekt und «das natürliche Bedürfnis, in dieser Sprache fernzusehen geschützt», betont Vouillamoz. «In der Westschweiz hingegen sprechen wir exakt die gleiche Sprache wie in Frankreich.» Lokale Akzente verblassen nicht zuletzt wegen des TV-Konsums immer mehr.
Die kulturellen Unterschiede und die sprachregionale Verankerung machen den nationalen Brückenschlag zwischen TSR und SF DRS nicht leicht. «Wir haben versucht, gemeinsame Sendungen zu realisieren. Abgesehen von der Miss-Schweiz-Wahl und der 1.-August-Sendung funktioniert das nicht», stellt Raymond Vouillamoz fest.
Montag
04.10.2004