Content:

Dienstag
24.04.2012

Es ist schon beachtlich, wenn eine grosse Privatbank dem Spargeist trotzt und jährlich 40 000 Franken Preissumme für ein Kunstprojekt ausrichtet, das die Kunstvermittlung honoriert. Das heisst, dass sie jenes Museum auszeichnet, das eine Idee am besten museal kommuniziert.

Schade, dass eine hochkarätige Jury (u.a. Hans Rudolf Reust, Präsident der Eidg. Kunstkommission) dabei dem Zeitgeist nicht zu trotzen vermochte und vergangene Woche in Zürich genau jenes Projekt honorierte, welches dem Zeitgeist wie kein zweites auf der Shortlist huldigte: Der «Swiss Exhibition Award», finanziert von Bank Bär und, in geringerem Masse, von der Eidgenossenschaft (Bundesamt für Kultur), ging an das Projekt «Dislocaciòn» des Kunstmuseums Bern. Es spielt mit Reizwörtern wie Globalisierung und Neoliberalismus und rennt damit bei allen Etatisten offene Türen ein.

Fünf Ausstellungen hatten es auf die Shortlist geschafft, das Fotomuseum Winterthur mit Shirana Shabazis wunderschöner Fotoausstellung «Much like Zero», das Kunstmuseum Thun mit der witzigen Ausstellung «James Bond & Pin-ups» von Davide Dascio und Peter Stämpfli, das Museo Cantonale d`Arte Lugano mit «Oligoneoptera» von Christian Gonzenbach und das PhotoforumPasquArt Biel mit «Inversion» von Nils Nova.

Das Rennen machte Bern mit einer Ausstellung, die in Chilé gründet und «die kulturelle Verortung in Zeiten der Globalisierung» sucht, eine politische Ausstellung also. Jurypräsidentin Claudia Jolles, Chefredaktorin des «Kunst-Bulletins Zürich»: «Die Jury hat `Dislocaciòn` zur Ausstellung des Jahres gewählt, weil sie komplexe ökonomische und politische Prozesse mit beispielhaftem künstlerischem Engagement variantenreich zu einer inhaltlich fundierten, überzeugenden, neuen Form verdichtet.»

Der Prozess mit zwei Kuratorinnen, Ingrid Wildi Merino und Kathleen Bühler, 14 Kunstschaffenden aus zwei Kontinenten (Südamerika und Europa) und zwei Ländern (Chile und der Schweiz) begann auf Einladung der Schweizer Botschaft in Santiago zur Zweihundertjahrefeier der chilenischen Unabhängigkeit und umfasst auch so prominente Namen etwa Thomas Hirschhorn, der für das Projekt die ikonische Installation «Made in the Tunnel of Politics» schuf, die einen zerschnittenen Pick-up zeigt, welcher mit Klebebändern fixiert ist. Vor Bern wurde die Ausstellung an verschiedenen Örtlichkeiten in Santiago gezeigt, nachdem sich die grossen chilenischen Institutionen verweigert hatten, die zuerst ins Auge gefasst wurden.

Christian Brändle, Direktor des Museums für Gestaltung Zürich, moderierte die Preisverleihung im EWZ in Zürich: «Es geht letztendlich um die Frage, was eine gute Ausstellung überhaupt ausmacht, und es geht um nicht weniger als um das Zusammenspiel von allem: ein gutes Projekt, gute Künstler, einen guten Ausstellungsaal, gute Kuratoren.»