Der Streit zwischen dem als Chef fristlos entlassenen Reto Hartmann und dem Konsumgüterkonzern Valora harrt weiterhin einer Lösung. Auch die dritte Runde im Zivilprozess brachte am Freitag in Bern keine Einigung. Valora-Verwaltungsratsmitglied Beatrice Tschanz bekräftigte am Freitag vor dem Berner Einzelrichter, der damalige Konzernchef habe in krasser Weise gegen das Organisationsreglement verstossen und klare Weisungen des Verwaltungsrates missachtet. Hartmann habe den Verwaltungsrat hintergangen und angelogen. Er habe wissentlich am Leverage buyout (LBO) mit einer
Beteiligungsgesellschaft gearbeitet, ohne den Verwaltungsrat zu informieren. Er habe mit der detaillierten Umsetzung des Handels begonnen, habe Verträge aufgesetzt und dabei unter anderem die Unterschrift des Verwaltungsratspräsidenten gestrichen.
Der Valora-Verwaltungsrat hatte Hartmann am 11. Juni 2003 wegen angeblich heimlichen Machenschaften fristlos entlassen. Hartmann habe ohne Wissen des Verwaltungsrates und gegen dessen klare Weisungen Übernahmeverhandlungen mit der Beteiligungsgesellschaft geführt. Dabei habe der Verwaltungsrat diesem Ansinnen bereits im Januar 2003 eine klare Absage erteilt. Hartmann bestreitet diese Vorwürfe. Er habe weder vertrauliche Informationen weitergegeben noch seine Kompetenzen überschritten. Der Verwaltungsrat sei immer auf dem Laufenden gewesen. In seiner Zivilklage gegen die Valora verlangt er die Umwandlung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung und damit die Nachzahlung von sechs Monatslöhnen. Hartmann habe als junger, dynamischer Chef zunehmend Mühe gehabt, den Verwaltungsrat als Aufsichtsgremium sowie dessen Beschlüsse zu akzeptieren. So habe er sich auch durch die nachdrückliche Ermahnung des Verwaltungsrates im März 2003, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, sehr provoziert gefühlt.
Schon in den Monaten vor Hartmanns fristloser Entlassung habe der Valora-Verwaltungsrat den Eindruck gehabt, nur «selektiv» informiert worden zu sein, sagte Tschanz bei der Anhörung weiter. Hartmann habe sich überdies immer wieder im Ton vergriffen. Zudem habe Hartmann die Weisung, das mangelhafte Reporting zu verbessern und den Ertrag im Kerngeschäft zu steigern, im ersten Halbjahr 2003 bei Weitem nicht erfüllt. Die unzulässige Weitergabe sensitiver, Börsenkurs relevanter Daten habe dem Verwaltungsrat schliesslich keine andere Wahl mehr gelassen, als Hartmann fristlos zu kündigen. Am Schluss des Verhandlungstages setzte der Berner Einzelrichter Vergleichsverhandlungen an, die ohne Ergebnis endeten. Ein Termin für eine allfällige weitere Anhörungsrunde steht noch nicht fest. Die Parteien haben eine mehrtägige Frist erhalten, dem Einzelrichter weitere Personen und Zeugen vorzuschlagen. Siehe auch: Ex-Valora-Verwaltungsratspräsident muss 500 Franken Busse zahlen
Sonntag
03.07.2005